Belgien ist nun nicht unbedingt die Hochburg alternativer Rockmusik, sondern glänzt nur matt mit einer kleinen wie feinen Musikszene, aus der sich wenige Acts zu internationalen Weihen berufen gefühlt haben. Dessen ungeachtet konnten BLACK MIRRORS bereits mit ihrer ersten EP "Funky Queen" höhere Wellen schlagen, auch weil sie klugerweise regelmäßig live spielten und so die Werbetrommel für sich selbst rührten.
Nun erscheint nach "Look Into The Black Mirror" das zweite Album des Quartetts und bestätigt, dass sein Stil eine eigene Kennung aufweist, so wie man es bereits anhand der vorangegangenen Releases ahnen konnte. BLACK MIRRORS sind zweifellos stark von den Grunge-Größen der frühen Neunziger beeinflusst; Nirvana kommen insbesondere wegen einiger zerdehnter Gitarren-Riffs und Melodien in den Sinn, Soundgarden oder Pearl Jam ebenfalls, und zwar in Hinblick auf einige breitbeinige Gesten in Songs wie der Heavy-Soul-Nummer ´Tomorrow Will Be Without Us´.
´Snake Oil´ entpuppt sich als schwer zu überbietender Opener mit orientalischer Note und einem fulminanten letzten Drittel, in dem die Band eine rauschhafte Lärmwand aufbaut, während sich Sängerin Marcella Di Troia noch zurückhält. Im Stoner-Power-Pop-Hybriden ´Lost In Desert´ schlägt sie dann richtig Kapital aus ihrer kraftvollen Stimme und der Gabe, sich eingängige Lines auszudenken beziehungsweise diese auch überzeugend gefühlvoll vorzutragen.
Blues-Anwandlungen wie hier tauchen im weiteren Verlauf wiederholt auf, nicht zu vergessen eine Leadgitarren-Arbeit und Freude an Chören, die stark an Queens of the Stone Age und deren belgische Quasi-Pendants Triggerfinger denken lassen; beispielhaft dafür stehen das hymnische ´Hateful Hate, I'll Kill You´ und ´Collapsology (Raise Your Voice)´ ein brillantes Duett der Frontfrau mit Alain Johannes (unter anderem Eagles of Death Metal, Them Crooked Vultures).
Um in der Heimat der Gruppe zu bleiben, taugen härtere K´s Choice, Zita Swoon oder Millionaire als Referenzen, obwohl BLACK MIRRORS in letzter Konsequenz wie gesagt einen eigenen Sound fahren. Dass Marcella bei aller Güte der Instrumentalisten der Dreh- und Angelpunkt der Band ist, erkennt man am deutlichsten in dem Wüstenstaub aufwirbelnden Mini-Drama ´Through The Eyes Of A Giant´, während des laut-leiselnden Finales ´Say It Again´ und im balladenhaften, sehr persönlichen ´Ode To My Unborn Child´.
FAZIT: Mit "Tomorrow Will Be Without Us" ist BLACK MIRRORS ein individuelles Stück zeitlos frischer Rockmusik gelungen, das Elemente aus den Desert-, Garage, Blues-, Soul- und Post-Bereichen mit einer betörenden Frauenstimme verschmilzt. Offensichtliche Hits schreibt die Band nicht, doch dafür empfiehlt sich ihre zweite LP für eine Dauerrotation im heimischen Player. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/8b2ef79088ce470da1ade0ed2c9bdd6a" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.10.2022
Marcella Di Troia
Napalm / SPV
47:25
04.11.2022