2022 feiern CALLEJON zwei Jubiläum, denn bei "Eternia" handelt es sich um das zehnte Studioalbum im 20. Jahr des Bestehens der Düsseldorfer. Das ist allerdings reine Nebensache, denn mit dieser Platte definiert die Band ihren Stil praktisch ultimativ und dreht allen Kritikern eine lange Nase, die Metalcore allgemein und diese Combo im Besonderen für berechnende und leicht berechenbare Grütze halten.
"Eternia" ist unabhängig von seinem "Masters of the Universe" Tribut zollenden Titel alles andere als Brutalität heuchelnder Pop, wie ihn viele Kapellen spielen, die sich in der genannten Genre-Schublade verorten. CALLEJON legen "mal eben" ihr derbstes und unangepasstestes Werk vor, dürften damit aber trotzdem nicht baden gehen, weil sie bei ihren Fans längst Narrenfreiheit genießen.
Der Vorgänger "Metropolis" war in erster Linie aufgrund seiner Assoziation zum gleichnamigen Monumentalfilm künstlerisch wertvoll, diesmal rücken nachdenklich machende Texte mit teilweise hoher thematischer Brisanz die Songs in ein artistisches Licht, wo allerdings niemand in verkrampfter Pose schwitzen muss. Dazu ist die Musik wie gesagt zu derb.
Und sie hat Tiefgang: ´Eternia´ und ´Tor des Todes´ markieren brutales Thrash-Geballer mit epischen Mitsing-Refrains, die einigermaßen unvorhersehbar anmuten, auch weil die Band mit melodisch gesungenen Bridges arbeitet und ihre Songs somit nicht plump nach den simpelsten Schemata strickt. Direkt aufs Maul haut die Platte nichtsdestoweniger, und zwar sowohl dank einer sagenhaft fetten Produktion als auch in Hinblick auf Sänger und Mastermind BastiBastis nahezu aufopferungsvollen Vortrag.
´Guillotine´ ist in diesem Zusammenhang ein Stampfer reinsten Wassers mit gelegentlichen Blastbeats und positiv durchgeknalltem Text, ´Sternenstaub´ ein ziemlicher Hit mit perfide eingängigen Riffs und einem nicht weniger ohrwurmeligen Refrain. Neben der Stakkato-Orgie ´Mary Shelley´ glänzt ´Emokeller´ im Stop-and-Go-Verfahren mit sanftem Refrain und etwas präsenteren Keyboards als in den restlichen Songs, wobei sich die Lyrics wider Erwarten nicht als zynische Klatsche gegen die Emo-Fraktion entpuppen. Gute Post-Hardcore-Nummer jedenfalls.
´Scareglow´ surft ein bisschen zu offensichtlich auf der Hart-Zart-Welle, und auch Silver Surfer´ ist ein aufs Radio gebürsteter Schwachpunkt, doch ´Ich komme niemals an´ kommt gängigen Vorstellungen einer Power-Ballade auf wohltuend unbekümmerte Weise nahe, wohingegen ´Hexenhaus´, ein melancholischer Rocker im Kriech-Modus, mit der vielleicht besten, auf jeden Fall aber eindringlichsten Gesangsleistung des Albums aufwartet.
Und das über sieben Minuten dauernde Finale ´Loreley´ erweist sich als Modern-Melodic-Death-Epos, wie es In Flames in den letzten 20 Jahren nicht auf die Kette gekriegt haben.
FAZIT: "Eternia" ist CALLEJONs bisheriges Gesellenstück - deutschsprachiger Metalcore auf der Höhe der Zeit, klanglich über-fett in Szene gesetzt und inhaltlich so spannungsgeladen wie musikalisch unberechenbar. "Believe the hype", darf man da ausnahmsweise konstatieren. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/de9483491e084896b733f5073e71af37" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.10.2022
Thorsten Becker
Bastian Sobtzick
Bernhard Horn, Christoph Koterzina
Maximilian Kotzmann
Warner
55:24
14.10.2022