Wenn alle 'Ruhelosen' auf Rock'N'Roll stehen, dann haben sie mit „For The Restless“ von CAPRICORN das ideale Album gefunden. Dabei kommen CAPRICORN gar nicht aus dem amerikanischen Mutterland des Rock'N'Roll, sondern aus einer deutlich verträumt und melancholischer empfundenen Ecke Skandinaviens: Schweden. Doch dass auch die Schweden so richtig abrocken können, ist längst bekannt, selbst wenn deren großes Musik-Vorzeigeprodukt am Ende dann eben doch ABBA ist, deren Avatare derzeit wieder in der aktuellen Musik-Szene rumgeistern und ein nur mittelmäßiges Album mit heftiger medialer Unterstützung als den großen Wurf zu verkaufen versuchen.
Allerdings besteht bei dem Bandnamen CAPRICORN – ganz im Gegensatz zu ABBA – große Verwechselungsgefahr, denn wir haben es hier nicht mit der gleichnamigen deutschen Metal-Band aus Hessen zu tun, die von 1991 bis 1995 aktiv war, und auch nicht der instrumentalen Prog-Metal-Band 'Capricorns', welche von 2003 bis 2008 in London ihr musikalisches Doom/Sludge-Metal-Unwesen trieben, sondern eben einem rockigen Vierer aus Schweden, der dort bereits als ziemlich großer Rock-Act gilt, da er im besten Sinne solcher Vorbilder wie JACKSON BROWN oder SOUTHSIDE JOHNNY und TOM PETTY, aber auch HUEY LEWIS AND THE NEWS einem gehörig von Anfang bis Ende auf die Ohren donnert. Und selbst wenn jetzt noch jemandem STATUS QUO in den Sinn kommt, dann liegt auch der keinesfalls falsch.
Aber – die von vielen rollenden Rocker-Kollegen auch gerne mal eingestreuten Balladen sucht man auf „For The Restless“ vergeblich.
Natürlich bietet sich bei solcher Musik vorrangig das Vinyl an, um die ganze Rock'N'Roll-Power klangvoll genießen zu können. Und bereits der stereo-effekt-optimierte Einstieg mit „The Searcher“ ist eine wahre Freude für alle Vinyl-Puristen. Nur gut, dass eben nicht nur Gitarre, Bass und Schlagzeug sowie die eindrucksvolle Stimme den Sound bestimmen, sondern auch das Keyboard eine gewichtige Rolle hinter der Musik von CAPRICORN spielt. Das macht die Musik fett und verbreitet gerne auch etwas Rock-Bombast und den einen oder anderen hymnischen Moment.
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Dass die LP es aber nur auf eine schlappe Laufzeit, die noch nicht einmal eine halbe Stunde erreicht, bringt, ist auch im wiederaufkeimenden Vinyl-Zeitalter inakzeptabel. Ja, vielleicht fehlt ja gerade darum eine Ballade schmerzhaft, obwohl im Grunde trotz allem Rock'N'Roll-Feeling auf beiden LP-Seiten dafür noch locker Platz gewesen wäre.
Selbst das LP-Gatefoldcover entschädigt dafür nicht, sondern lockt einen viel eher auf eine falsche Musik-Fährte, die vor dem Hören an Folk, Blues und Americana, nicht aber straighten, rollenden Rock denken lässt. Und wenn schon eine aufklappbare LP-Hülle, dann sollten im Inneren wenigstens die Texte zu finden sein. Sind sie aber nicht, sondern nur großformatige Fotos der vier Musiker. Hier wäre – gerade im Namen des Rock'N'Roll – deutlich mehr dringewesen.
FAZIT: Schweden-Rock'N'Roll für alle Ruhelosen haben CAPRICORN zu bieten. Allerdings nur eine knappe halbe Stunde lang, die dann aber gehörig und urig und knallig durchgerockt wird. „For The Restless“ ist der lebendige Beweis dafür, dass ein so kleines skandinavisches Land wie Schweden jede Menge große Musik fast aller musikalischen Genres zu bieten hat und sogar beim Rock'N'Roll dem riesigen Mutterland USA den Rang abzulaufen versucht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.05.2022
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