Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sich der Mensch in der aktuellen Zeit trotz aller technischer Innovation und gegenseitiger, weltweiter Vernetzung einsamer denn je fühlt. Damit geht auch ein paradoxes Streben nach möglichst perfekter Selbstdarstellung einher. Das Maß der Follower auf Instagram und Co. ist für einen Teil unserer Gesellschaft längst zum Gradmesser für Anerkennung, vermeintliche Leistung und Prestige geworden. Das Traurige daran ist, dass dadurch mindestens zwei essenzielle Bestandteile des Menschen mehr und mehr verloren gehen. Erstens, verkümmert das Gefühl für echte Gemeinsamkeiten und reale Gemeinschaft und zweitens, wird auch echter Individualismus, also das Erforschen des eigenen Wesens und der damit einhergehende Wille zur positiven Weiterentwicklung im Sinne dessen, die eigenen Herzenswünsche zu erkennen und nach ihnen zu leben komplett pervertiert und in ein seltsames Gegenteil verkehrt.
Warum das hier am Anfang eines Reviews steht?
Weil DaS NEUWERK mit „Teil eines Ganzen“ diese Thematik in leicht verdaulichen Pop-Rock verpacken und damit für jeden schnell zugänglich machen.
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Dabei passen die scheinbaren Gegensätze der durchaus schweren Thematik und der lockeren Musik doch ganz gut zusammen.
Songs wie das melancholische „Es Tut Mit Leid“ lesen sich ein bisschen wie Tagebucheinträge und besonders in diesem Song ist die Thematik wohl für jeden direkt nachvollziehbar (Es sei den man ist ein Soziopath!). Aber genau diese Emotionen sind doch die wesentlichen Züge, die uns Menschen auszeichnen. Dabei darf es auch mal wehtun („Getrennte Wege“), aber es ist genauso wichtig, mit positiven Gedanken und Gefühlen nach vorne zu schauen („Federleicht“).
Gut, dass das Ganze mitunter auch ins Kitschige abdriftet, ist sicher auch dem Genre geschuldet (Es klingt doch oft sehr poppig...), aber im Großen und Ganzen hat das Unbekümmerte von Songs wie „Endlich wieder Sommer“ oder das unmittelbare Gefühl der Liebeshymne „Federleicht“ doch etwas unbedingt Positives, das die Wolken an grauen Tagen durchaus vertreiben kann.
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Mit „Sowas von egal“ gibt’s dann aber doch den ersten kleinen Dämpfer. Im Kontext des Albums funktioniert diese Ironie zwar ganz gut, aber wirklich zünden will der Song trotz hibbeligem Sound zu keiner Zeit und wirkt daher auf Dauer eher verzichtbar.
Der nächste arg grenzwertige Song folgt in Form von „Perfekt“. Ja, Liebeslieder haben ihre Berechtigung und sind auch durchaus wichtig, aber zu viel Zuckerwatte verursacht halt doch Zahnschmerzen. Und zu viel vertontes Gesülze wird schnell anstrengend, auch im Bereich der Popmusik.
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Mit „Herzversagen“ und „In Gedanken Lachen“ kratzen DaS NEUWERK aber doch noch die Kurve.
Ersterer gefällt dank lockerem Klavier und Streichern. Dazu wird der Kitsch wieder zurückgefahren und stattdessen gibt’s einen Text, der im Großen und Ganzen durchaus positiv abschneidet.
„In Gedanken Lachen“ ist zwar sehr introvertiert, wirkt aber nicht zu weinerlich, sodass es als Ballade durchaus ganz gut funktioniert.
Der Abschluss „Feuerwerk“ gefällt dann einerseits mit dezenten Streichern und einem grundlegend positiven Vibe, klingt aber wieder sehr poppig und ob’s die Piano-Version von „Es Tut Mir Leid“ am Ende wirklich braucht, ist fraglich.
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FAZIT: Unterm Strich bietet „Teil eines Ganzen“ von DaS NEUWERK unterhaltsame und zugängliche Popmusik mit leicht rockigem Touch. Und auch wenn die textliche Thematik nicht wirklich innovativ, geschweige denn hochtrabend ist, passt sie doch gut in die aktuelle Zeit. Daher wirkt das Album in Teilen wie ein Tagebucheintrag, der zwar wenig individuell, aber doch reflektiert beschreibt, was in Teilen unserer heutigen Gesellschaft ab- und schiefgeht. Ob es aber insgesamt für das tiefere Textverständnis förderlich ist, das Ganze in derart eingängige Klänge zu betten, bleibt am Ende immer noch Hörersache.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.04.2022
Benjamin
Daniel
Daniel, Fabian
Daniel
Hannes
Calyra Music Publishing
46:39
08.04.2022