Napalm Records als Hauptknotenpunk des Kitsch-Sympho-Metal-Verkehrs zu betrachten ist nicht mehr aktuell, denn mit Combos wie Jinjer, Ektomorf oder eben Dagoba ist das Label längst auch ein Garant für gehobene "Modern"-Metal-Kunst im weiteren Sinn, wobei der Begriff der Moderne in musikalischer Hinsicht andererseits schwammig bis nichtssagend erscheint.
Nun denn, ihr wisst, was gemeint ist, zumal die Franzosen ohnehin keine Unbekannten mehr sind. Ihr sogenannter Groove Metal hat sich über die Zeit hinaus, als dergleichen im Trend lag, hervorragend gehalten, weil die Band nie den plump offensichtlichen Weg gegangen ist, sondern so ähnlich wie etwa die Genre-Vorreither SikTh Mut zum Experiment an den Tag legte.
DAGOBAs neues Album steht als Debüt für Napalm allerdings (vielleicht verständlicherweise) für Konsolidierung, was wiederum nicht bedeutet, die Gruppe würde lediglich ihren Schuh herunterspielen. Nach dem geräuschvollen Intro ´Neon´ startet "By Night" vorhersehbar mit einem viel Energie freisetzenden Uptempo-Stampfer, der von sägendem Death-Metal-Riffing und kraftvollem Gebrüll geprägt wird, während im Hintergrund fiepende Synthesizer vage early-Korn-Vibes verbreiten.
Die elegischen Gitarrenleads und melodischen Gesangspassagen in der zweiten Hälfte bereiten auf das Wechselspiel vor, das sich in den folgenden Tracks als maßgebliches Gestaltungsmittel des Materials fortsetzt. Der Opener ´Hunt´ dürfte aber tatsächlich das älteste Stück im Aufgebot gewesen sein, denn abgesehen davon, dass es schon im Sommer 2021 als Single erschien, mutet der Rest der Tracks frischer und dynamischer an.
Die Stakkato-Peitsche ´Sunfall´ wirkt wie Soilwork light, und das gar swingende ´Bellflower Drive´ geht unverfroren in Richtung US-Breitwand-Alternative à la Stone Sour. Die im Duett zwischen Frontmann Shawter und einer nicht genannten Dame vorgetragene Ballade ´On the Run´ markiert die einzige wirkliche Überraschung auf "By Night" und tendiert in eine ähnlich melancholische Richtung wie das vorangegangene Stück.
Die B-Seite (so wir von Vinyl sprechen) beginnt nach dem Intro ´Break´ im gleichen Duktus, wie die A-Seite ausklang. Der Sänger lässt das Brüllen bleiben und bewegt sich innerhalb eines elegant zockelnden Rock-Korsetts, das DAGOBA schon in der Vergangenheit hervorragend stand.
Anschließend verläuft die Dynamikkurve praktisch zu den ersten fünf Liedern gespiegelt weiter: Die Band verfällt abermals satten Kopfnicker-Riffs mit derben Vocals und elegischen Kerversen, wobei man als Fan keine neuen Einsichten mehr gewinnt, aber auch nicht enttäuscht wird; gerade ´Summer´s End´ plättet kurz vor Schluss noch einmal richtig eindrucksvoll.
FAZIT: DAGOBA, wie man sie kennt und schätzt, ohne Ausfälle und mit zwei oder drei künftigen Standards im Live-Programm der Band. Wer Hüpf-Metal mit Core-Kompatibilität und mittelschweren Hit-Qualitäten mag, ist hiermit bestens bedient. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/fd6ac18241014c3b8f7d6803c2ff56a7" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.02.2022
Kawa
Shawter
Richard De Mello
Shawter
Theo Gendron
Napalm / SPV
50:23
18.02.2022