Einigen dürfte Dan Baune vor allem als Gitarrist von MONUMENT bekannt sein. Da die aber aktuell inaktiv sind, hat der Saitenhexer mit DAN BAUNE’S LOST SANCTUARY seit letztem Jahr ein neues Eisen im Feuer. Dabei bricht das Mastermind deutlich aus dem, von seiner Vorgängerband gewohnten, klassisch metallischen Fahrwasser aus und überrascht u.a. mit Thrash-Einflüssen oder dem ein oder anderen progressiven Schlenker. Besonders in Sachen Gitarrenarbeit erinnern die Songs immer wieder mal an NEVERMORE (vor allem im Opener „Arise“), während ein Stück wie „Temple Of Fear“ nicht nur von der Vielfältigkeit der beteiligten Stimmen lebt sondern auch musikalisch in manchen Momenten an BLACK LABEL SOCIETY in Power-metallischem Gewand denken lässt. „God Of War“ täuscht zunächst einen thrashigen Einstieg an, entwickelt sich dann aber zu einer eher melancholischen Nummer mit hörbar viel Pathos. Diese Wendungen (auch gerne innerhalb der Songs) gestalten das Album über die Spielzeit von einer knappen Stunde hinweg spannend.
Natürlich ziehen vielerorts die Gitarren den Löwenanteil der Aufmerksamkeit auf sich, aber Dan Baune und seine Mitstreiter begehen trotzdem nicht den Fehler, die Musik zur reinen Riff-und Soloshow verkommen zu lassen. Beispielhaft dafür könnte das knapp zehnminütige „No Man’s Land“ stehen. Das Songwriting ist durchweg spannend, der Song baut sich zaghaft auf, mündet in fast doomiges Riffing, das wiederum Platz für die sich stetig steigernden Strophen macht. Plötzlich klingt der Song eher power-metallisch und endet mit einem atmosphärisch untermauerten Sprecherpart, der fast an die Christopher-Lee-Parts bei RHAPSODY erinnert. Sehr interessant.
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„Master Of You“ suhlt sich danach aber leider in sehr dominanten Kitsch-Gefilden, wenn auch das Grundgerüst ganz ordentlich ist. Aber die Keys und vor allem der Gesang sind an einigen Stellen doch zumindest gewöhnungsbedürftig. Dass die Musiker das besser können, zeigen sie im an AVANTASIA erinnernden „Lost Sanctuary“. Das liegt einerseits natürlich an der starken Stimme von Doogie White, andererseits sind auch die Gitarrenparts hier sehr spannend gestaltet und lassen das ein oder andere mal wieder an RHAPSODY denken (gerade in den Soli).
„The Arconite“ bietet dann das volle Kontrastprogramm und feuert thrashig drauflos. Die Drums knallen heftig und auch der dunklere Gesang klingt richtig stark, vor allem in Kombination mit dem Knaller-Refrain. Geile Nummer, bei der natürlich auch die standesgemäßen Riffgewitter und Soli nicht fehlen dürfen. Warum auch immer kommen nach und nach TESTAMENT in wesentlich melodischerem Gewand in den Sinn, ob diese Referenz aber gerechtfertigt ist, muss schlussendlich jeder für sich entscheiden.
Mit „Unholy“ servieren die Musiker einen richtig fetten Brocken erst ganz zum Schluss. Nicht nur dass hier drei Gaststimmen zu hören sind, die zwischen thrashigen Shouts, melodischem Klargesang power-metallischer Prägung und sogar fiesen Screams alles bieten, auch musikalisch gibt’s eine Nummer mit fetten Riffs sowie einigen Wendungen und melodischen Schlenkern, die dem Song insgesamt fast den Charakter einer Rock-Oper verleihen. Dieser Eindruck wird vom theatralisch-orchestralen Outro „Rhapsody Of Life“ sogar nochmal verstärkt.
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FAZIT: Das kam überraschend, mit einem derart vielfältigen Soloeinstand war wohl kaum zu rechnen, vor allem dann nicht, wenn man das sonstige musikalische Schaffen von Dan Baune als eventuelle Vorlage erwartet hat. Mit „Lost Sanctuary“ hat der Gitarrist als DAN BAUNE’S LOST SANCTUARY einen sehr starken Erstling als Solokünstler abgeliefert, der gekonnt durch diverse Genres pflügt und durchaus neugierig auf die Zukunft macht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.01.2022
Sebastian Weiss
Dan Baune, Rasmus Bom Andersen, Jennifer Diehl, Matt Mitchell, Doogie White, Herbie Langhans, Aliki Katriou
Dan Baune, Chris Webb
Dan Baune, Bob Katsionis
Sebastian Weiss
Rock Of Angels Records
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14.05.2021