<b>„Es ist schon paradox, dass man DARYL HALL am ehesten mit seinem langjährigen musikalischen Partner assoziiert, denn eigentlich ist er ein ausgeprägter Individualist. Aber er ist eben auch ein brillanter Teamplayer und diese Fähigkeit kommt auf seinen Soloalben besonders zum Tragen. Für ihn waren diese Alben weit mehr als die Möglichkeit, 'allein' zu arbeiten. Durch die sorgfältige Auswahl seiner Mitstreiter erweiterte er stetig die Grenzen seines künstlerischen Schaffens.“</b> (Jeremy Holiday in den Linernotes des 20-seitigen Booklets zu „BeforeAfter“)
HALL & OATES warteten gerade erst mit der Neuauflage – erstmals auch auf Vinyl – ihres viel zu wenig beachteten Albums <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2022/Daryl-Hall--John-Oates/Marigold-Sky/" target="_blank" rel="nofollow">„Marigold Sky“</a> auf, schon geht es mit den Erinnerungen weiter. Dieses Mal nur an Einen der Beiden und auch nur auf einer Doppel-CD: DARYL HALL.
Halls Solo-Alben sind zudem überschaubar und bewegen sich in einem Zeitraum von 1980 bis 2011:
1980 „Sacred Songs“
1986 „Three Hearts In The Happy Ending Machine“
1993 „Soul Alone“
1996 „Can't Stop Dreaming“
2011 „Laughing Down Crying“
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„BeforeAfter“ ist eine Zusammenstellung seiner besten Songs aus Soul, Folk, Pop und tatsächlich Progressivem – allerdings definitiv kein Hit-Album, denn wirklich viele Hits kamen von Hall nicht. Dafür aber sehr interessante und mit einigen spannenden Hintergründen versehene Songs, von denen es mehrere verdient hätten, 'echte' Hits zu werden.
Doch die eigentlich spannendste Geschichte dieser Zusammenstellung verbirgt sich hinter dem Debüt-Album „Sacred Songs“, von dem gleich sechs Songs auf „BeforeAfter“ enthalten sind, welche sicher auch viele Freunde von KING CRIMSON, bzw. dessen Mastermind ROBERT FRIPP, neugierig machen werden. Denn dieses 1977 begonnene und 1980 veröffentlichte Album geht auf eine Freundschaft von DARYL HALL und ROBERT FRIPP zurück (Man stelle sich nur vor, es hätte statt den HALL & OATES vielleicht ein HALL & FRIPP gegeben…). Fripp spielte darum nicht nur Gitarre und seine Frippertronics auf diesem ungewöhnlichsten Hall-Album, das im Grunde auch in jede Sammlung mit KING CRIMSON-Alben und deren Ableger gehört, sondern produzierte es auch gleich noch. Darum klingen dann der Titelsong „Sacred Songs“, samt richtig geilem Saxophon-Solo, oder das prog-punkige „NYCNY“ gleich so, als hätte FRIPP sie für sein „Exposure“-Album geschrieben. Jedenfalls ist jeder der sechs für „BeforeAfter“ ausgewählten Songs unter Fripps Mitarbeit wirklich mit einem gewissen, aber unverkennbaren Fripp-Flair versehen.
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„Babs And Babs“ ist ein weiteres herrliches Beispiel für diese Fusion, denn das Stück kommt anfangs wie eine flotter Hit daher, urplötzlich taucht dann ein Zwischenspiel voller Frippertronics auf, um daraufhin mit wiederum flotten Melodien (beinahe) zu enden, die allerdings zum Ende erneut von den Frippertronics abgelöst werden. Allein dieses über siebenminutige Stück sollte alle FRIPP-Fans, die dessen Gitarren-Loops lieben, in Begeisterung versetzen. Zugleich ist es sicher eins der seltsamsten, an dem Fripp jemals mitwirkte.
Etwas ganz Besonderes waren zudem die „Live From Daryl's House Series“, bei denen Hall mit wechselnden Gästen und festen Bandmitgliedern bei sich zu Hause live verschieden Songs einspielte – und die Gäste hatten's in sich, denn unter ihnen waren beispielsweise TODD RUNDGREN, DAVE STEWART und MONTE MONTGOMERY. Das führt sogar dazu, dass Hall sich sogar von (s)einer recht ungewohnten Blues-Seite zeigt, die ihm bei den akustischen Songs sehr gut zu Gesicht steht.
DARYL HALL und seine musikalischen Begleiter nahmen diese Songs mit der Absicht auf, gemeinsam mit Freunden zu musizieren und dabei etwas einzuspielen, das dann im Internet hochgeladen werden sollte. Noch nie erschienen die 'House'-Stücke auf CD oder einem anderen Tonträger, sodass die hier versammelten acht Songs erstmals auf dieser Doppel-CD zu finden sind.
Tragisch entwickelte sich die Geschichte um das letzte Solo-Album „Laughing Down Crying“, auf dem Halls Freund und Begleiter an der akustischen Gitarre, T-BONE WOK, der auch bei den 'Daryl's House'-Sessions mitwirkte, sogar als Co-Produzent auftrat und noch kurz vor der Album-Veröffentlichung verstarb.
Das sehr übersichtliche und informative 20-seitige Booklet (unter anderem mit der Abbildung aller Album-Cover und einer detaillierten Auflistung und Zuordnung der einzelnen Songs plus einem Essay von Jeremy Holiday) schlägt dann endgültig den Bogen rund um alle Veröffentlichung von DARYL HALL, der gemeinsam mit seinem musikalischen Partner JOHN OATES 2014 in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die Solo-Aktivitäten bzw. Veröffentlichungen des musikalischen Allroundtalents bereits beendet. Live allerdings kehrt Hall nun unmittelbar mit Veröffentlichung von „BeforeAfter“ bei seiner 'Live Nation Tour' wieder auf die Bühnen der amerikanischen Musik-Welt zurück.
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FAZIT: „BeforeAfter“ ist eine musikalische Zeitreise durch alle Solo-Alben von DARYL HALL, die in den Jahren 1980 bis 2011 entstanden und sogar neben dem Soul, Pop und Folk auch Progressives aufweisen, was aus der Zusammenarbeit mit ROBERT FRIPP beim Hall-Debüt-Album resultiert. Eine immense Bandbreite an spannender, abwechslungsreicher Musik samt bisher unveröffentlichter Aufnahmen aus den „Live From Daryl's House“-Sessions, an denen auch TODD RUNDGREN, DAVE STEWART und MONTE MONTGOMERY mitwirkten. Hall stellt selber zur Auswahl der insgesamt 30 Stücke (über 145 Minuten) fest: „Ich habe diese Zusammenstellung von Songs aus meinen Solo-Alben gewählt, weil sie für mich bestimmte Phasen meiner Karriere komprimiert darstellen. Sie zeigt auch wie vielfältig die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Künstlern wie Robert Fripp oder Dave Stewart sind. Außerdem sind noch Tracks aus 'Live From Daryl's House' zu hören, was die Compilation perfekt abrundet.“
Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.04.2022
Kenny Passarelli, Zev Katz
Daryl Hall, Todd Rundgren
Robert Fripp, Caleb Quaye, T-Bone Wok, Dave Stewart, Daryl Hall, Ric Morcombe, G.E. Smith, Jamie West-Oram, Paul Pescoe, Monte Montgomery, Joe Interlande
Daryl Hall, Robby Kilgore, Mike Klvana, Greg Bieck, Eliot Lewis
Roger Pope, Tom Beard, Mickey Curry, Shawn Pelton, Everett Bradley, Brian Dunne
Charlie DeChant, Roger Ball (Saxophone)
Legacy Recordings/Sony Music
145:11
01.04.2022