Drei adrett gekleidete, zugeknöpfte junge Herren, die neben Bass, Gitarre und Drums ordentlich Synthesizer im Gepäck haben – ihr ahnt was jetzt kommt? Man muss nicht lange raten, denn bereits der Pressetext ist eindeutig: „Plastik Liebe“ holt „Das Model“ ins 21. Jahrhundert“. KRAFTWERK wacht eindeutig über das EINSEINSEINS-Album „zwei“ (klar). Doch zu reinen Kopisten wird das Trio aber nicht.
Dafür ist der Post-Punk-Wave-Einfluss viel zu groß, und auch einschmeichelnder Pop spielt eine größere Rolle als bei den Düsseldorfer Ahnen. EINSEINSEINS kriegen das sauber hin, die Musik hat Power, die Maschinenrhythmen sitzen, die Vocoder-Vocals passen zum Sound, und die Melodien haben Pep. Das ist Tanzmusik für Roboter und befreundete Humanoiden. „Plastik Liebe“ macht nicht nur eine Verbeugung vorm „Model“, sondern lädt auch die DAF zum zackigen Gezappel ein.
Das Instrumental „Regit Etarak“ ist eine feine Hommage an 80er-Kampfklopper, und lässt mit “Drive Inn“-Charme (Schulze und Bloss) sogar den „Karatekämpfer aus Granit“ zerschmelzen. Die „Gasetagenheizung“ wird mit viel Bass und Gitarre betrieben und besitzt in seinem manisch pumpenden Stakkato sogar einen Hauch JOY DIVISON-trifft-auf-FEHLFARBEN-Atmosphäre, ohne glücklicherweise Ian Curtis gesanglich zu bemühen.
Die letzten beiden Tracks führen entspannt ins Tierreich. Die Nachtigall darf eine Zeitreise mit dem Trans Europa Express Richtung LA DÜSSELDORF antreten, trapst energiegeladen durch die Abteile und erspielt sich ein krönendes Finale. „Nur der Fuchs“ sorgt für ein bisschen Entschleunigung zum Abschluss, nicht ohne zwischendurch repetitiv nervös zu zucken. Aber es endet mit majestätischem Winke-Winke nach leider knappen 32 Minuten. Aber wie sagte schon der Elektrolurch: „Lieber ein knackig-kurzes Feuerwerk, als Langeweile mit Kriechstrom.“
FAZIT: „zwei“ ist ein durch und durch dynamisches Vehikel, das EINSEINSEINS agil über die Datenautobahn jagen. Oder so ähnlich. Elektronische Musik, die zielgenau ins Kraut schießt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.04.2022
Niels Hoffmann
Alex Fedorov, Niels Hoffmann
Alex Fedorov
Alex Fedorov, Niels Hoffmann
Johannes Rosswog
Tonzonen Records/Soulfood
32:37
21.01.2022