„Waiting For The Daylight“ dürfte über den Daumen gepeilt das fünfzehnte oder sechzehnte Album der Gitarristin und Sängerin ERJA LYYTINEN sein. Die Finnin bereichert die Szene seit gut zwanzig Jahren und pendelt dabei ziemlich ungeniert zwischen Pop, Rock und Blues hin und her. Letztgenannten pflegte sie bereits in der Vergangenheit oft in ziemlich burlesker Form, mit diesem Album fährt sie ihn gänzlich an die Wand.
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Die Zeiten, in denen sich ERJA LYYTINEN guten Gewissens als Gitarristin des Blues-Rock bezeichnen durfte, sind längst vorbei.
„Waiting For The Daylight“ ist ein üppiges Pop-Album, daran ändern auch eingestreute Blues-Licks und zeitweilig aufgebaute Blues-Rock-Kulissen nichts. Geradezu rätselhaft bleibt in diesem Zusammenhang die Aussage der Finnin, mit diesem Album den 60er- und 70er-Jahren und damit Bands wie Led Zeppelin, Deep Purple oder Uriah Heep die Ehre erweisen zu wollen.
ERJA LYYTINEN, deren Fähigkeiten als Musikerin unbestritten sind, hat alle neun Songs ihres neuen Werkes selber geschrieben und das Album auch von A bis Z selber produziert.
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Durchschnittlich laufen die Tracks fünfeinhalb Minuten und wirken allesamt, auch nach mehrmaligem Durchlauf, seltsam konturlos und unverbindlich. Als unschönes Beispiel dafür sei das Titelstück genannt mit einem nicht enden wollenden zweiminütigen Mit- und Gegeneinander von Gitarre und Gesang.
Vielsagend auch der Vergleich der hier vorliegenden Neubearbeitung des Songs „You Talk Dirty“, den LYYTINEN vor zwanzig Jahren für ihr Album „Attention!“ eingespielt hat: Damals schlicht, mit Bo-Diddley-Groove und ansprechender Slide – heute mit viel Füllmaterial und drögen Wiederholungen um zwei Minuten auf über sechs Minuten mehr oder weniger anhaltende Langeweile gestreckt.
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FAZIT: „Waiting For The Daylight“ von ERJA LYYTINEN ist das typische Endprodukt übersteigerter Erwartungen und Ansprüche. „In einigen der Songs habe ich über zwanzig verschiedene Gitarrentracks gespielt, und das ganze Album klingt riesig.“ (O-Ton Lyytinen) Stimmt – bloß, dass riesig hier nicht als Synonym für „große Klasse“, sondern als „überladen und mächtig überproduziert“ verstanden werden muss. Also nur für Archivare oder langjährige, eingefleischte Fans.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.11.2022
Tatu Back
Erja Lyytinen
Erja Lyytinen
Harri Taittonen, Erja Lyytinen
Iiro Laitinen
Erja Lyytinen (Violine), Assefa Abdissa (Perkussion)
Tuohi Records
48:44
21.10.2022