Wenn sich jemand genauer das Cover zum zweiten Album „Icy Skies“ von FINALLY GEORGE anschaut, das dessen <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2018/Finally-George/Life-Is-A-Killer/" target="_blank" rel="nofollow">'Lebenskiller-Debüt-Album'</a> des Jahres 2018 folgt, dann wird er sich wahrscheinlich an das eine oder andere Album rund um STEVEN WILSON erinnern. Das ist nicht nur Absicht, sondern folgt gar einer gewissen Logik. Denn nach dem nicht wirklich besonders einfallsreichen Cover seines Debüts gelang es dem Hamburger Georg Hahn aka FINALLY GEORGE, den Kontakt zu Hajo Müller aufzunehmen, der sich beispielsweise für die Gestaltung von „The Raven That Refused To Sing“ verantwortlich zeichnete.
So erzählt Hahn in einem Interview mit dem EMPIRE-Magazin (5/2021), dass aus dieser Verbindung eine Freundschaft entstand und er Müller sogar bat, seine erste CD als „ein Dankeschön für die musikalische Inspiration“ an Mr. Wilson weiterzuleiten. Zwar geht aus dem Interview nicht hervor, ob der musikalische Workaholic darauf reagierte, aber eins ist klar: Auch „Icy Skies“, dieses Mal sogar mit einem denkwürdigen Müller-Cover, kann FINALLY GEORGE ebenfalls sofort an das PORCUPINE TREE-Mastermind weiterleiten. Denn während Wilson gerade solistisch mit <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2021/Steven-Wilson/The-Future-Bites/" target="_blank" rel="nofollow">„The Future Bites“</a> sein poppigstes Prog-Album veröffentlichte, legt FINALLY GEORGE ein ganz ähnliches Album vor.
Deutlich ruhiger, aber auch trauriger und melancholischer als das Debüt ist es ausgefallen, was sicher etwas mit den ganzen Verlusten zu tun hat, die der Hamburger Georg Hahn aka FINALLY GEORGE zwischen seinem Debüt-Album „Life Is A Killer“ und dem Nachfolger „Icy Skies“ hinnehmen und irgendwie eben auch verkraften musste.
Nachdem FINALLY GEORGEs Debüt richtig gute Reaktionen in der Szene und bei den Kritikern erhielt, überfiel Hahn unter diesem Druck erstmal eine fast einjährige Schreibblockade und dann ballerte auch noch Corona brutal in das Leben von uns allen. Stillstand und Ruhe in der Kultur, Abstand und Isolation – nicht gerade große Motivatoren für künstlerische Kreativität. Allerdings konnte sich FINALLY GEORGE dadurch mehr Zeit für sein zweites Album nehmen, noch stärker an der Produktion feilen – was man deutlich hört – und übertriebene Zwänge und Erwartungen abbauen. Außerdem wurden erstmals zwei weitere Texter einbezogen, sodass die ersten zwei Kompositionen noch vor und alle weiteren während der Pandemie entstanden. Auch Streicher von ANNE DE WOLFF und am Ende sogar eine Trompete fanden Einzug auf „Icy Skies“, das akustisch ein herrliches Wortspiel als Album-Titel ist, den man in gesprochener Form genauso als ein „Ich sehe den Himmel“ wie eben richtig einen „Eisigen Himmel“ wahrnehmen kann.
Doch es gibt noch einen weiteren Grund für die ruhigere, mitunter deutlich melancholischere Grundstimmung hinter „Icy Skies“. Ein Blick auf die Widmung und das ungewöhnliche letzte Stück „Father & Son (Me and my father recorded by my cousin Peter Zimmermann in 1972)“ gibt uns darauf Antwort: „I'd like to dedicate this album to my father Werner Hahn. I miss you.“
Im Dezember 2020 verstarb der Vater von George Hahn, weswegen diese Aufnahme und ein Bild, das Vater und Sohn (Werner am Klavier, George an der Geige) zeigt, „Icy Skies“ abschließt.
Ähnlich traurig ist „Old Friend“ ausgefallen – ein Song, der seinem Freund Kay gewidmet ist, auf dessen Gitarre FINALLY GEORGE am Anfang des Stücks spielt. Eine echte Stratocaster '63, die ihm Kays Frau nach dessen Tod überlassen hat.
Ansonsten spielen Trauer, Hoffnung, Verzweiflung und auf „I Adore You“ sogar Besessenheit eine wichtige Rolle in den Texten hinter diesem Album, die tatsächlich in Kombination mit der Musik sowie der Gestaltung einem STEVEN WILSON und dessen „The Future Bites“ noch nie so nahe waren wie bei „Icy Skies“.
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FAZIT: Nach dem Debüt-Album „Life Is A Killer“ (2018) von FINALLY GEORGE im besten New-Artrock-Style fühlte man sich versucht, dem Hamburger eine sehr große Nähe zu STEVEN WILSON zu unterstellen, was keinesfalls unbeabsichtigt durch ihn war. Auf seinem zweiten etwas ruhiger-melancholischem Album „Icy Skies“ verfestigt sich dieser Eindruck noch stärker, wobei neben der Musik und den Texten auch das Cover-Bild von Hajo Müller, der auch „The Raven That Confused To Sing“ gestaltete, beiträgt. Oder um es kurz zu machen: Noch nie war FINALLY GEORGE einem STEVEN WILSON auf angenehme Weise so nahe wie heute!
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.01.2022
Finally George
Finally George, Anja Bublitz
Finally George, John Engehausen, Martin Scheffler
Finally George, Matthias Pogoda, Detlef Bösche
Todd Sucherman, Finally George
Finally George (Violine), Anne De Wolff (Streicher), Ingolf Burkhardt (Flügelhorn)
N.N.K. Records/Just For Kicks
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24.09.2021