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Gaupa: Myriad

Stil: Alternative / Hardrock

Cover: Gaupa: Myriad

Wer verdreht die Augen bei der Ankündigung eines neuen Hardrock-Signings mit Frauengesang bei einem großen Metal-Label? Okay, ihr dürft im Fall von GAUPA (Schwedisch für "Luchs") alle aufatmen, denn Nuclear Blast versuchen hier nicht, mit einer austauschbaren Band Reibach zu machen, die brav alle Trend-Konventionen einhält, sondern haben tatsächlich einen Volltreffer gelandet.

Die Band aus Falun in Schweden dürfte Fans, die sich im Underground des Psychedelic und Stoner Rock respektive Doom auskennen, schon geläufig sein, denn bei "Myriad" handelt es sich schon um ihr zweites Album (das erste erschien in Eigenregie, die Texte der Songs waren in der Muttersprache der Beteiligten verfasst), und in der Vergangenheit arbeiteten GAUPA auch schon mit dem deutschen Liebhaber-Label Kozmik Artifactz.

Stilistisch passte das insofern gut, als das Quintett gerne auf Sixties- und Seventies-Vorgaben zurückgreift, diese aber gemeinsam mit traditionellem Blues durch den Neunziger-Alternative-Rock-Filter streicht - höre das dreckige Grunge-Riffing des eröffnenden ´Exosekeleton´ und des kantigen Antreibers ´My Sister Is a Very Angry Man´ -, was auch hinsichtlich der fast unvergleichlichen Performance von Sängerin Emma Näslund eine aufregende Mischung ergibt. Das gespenstisch schleichende ´Moloken´ steht exemplarisch für die dynamische Breite, mit der GAUPA arbeiten, und stellt die Stimme der Frontfrau ins Schlaglicht, deren Timbre stark an jenes der isländischen Ausnahmekünstlerin Björk erinnert.

Die außerdem schon seit GAUPAs selbst betitelter Debüt EP von 2019 sehr eigene Handschrift der Gitarristen Daniel Nygren und David Rosberg offenbart sich insbesondere in den ruhigen Momenten des Openers oder während des bedrohlich brodelnden ´Elden´. Das Refrain-Hook des schleppenden ´Diametrical Enchantress´ könnte die Band wiederum mehr oder weniger direkt von der Nirvana-Single ´Heart-Shaped Box´ (erste Auskopplung von "In Utero", 1993) entlehnt haben.

Das kurze Akustikstück ´Sömnen´ dient mit muttersprachlichem Text als Einleitung des siebeneinhalbminütigen Finales ´Mammon´, das sich langsam hochschaukelt wie ein recht typisches Post-Rock-Stück, bloß dass Näslund der zwischendurch immer wieder zusammenfallenden Soundwand mit ausladenden Gesangsmelodien Struktur verleiht. Die Nummer endet schließlich instrumental mit flammendem Gitarrenlead, danach ist man erst mal platt - so intensiv war in letzter Zeit kein Release aus dieser Sparte.

FAZIT: GAUPAs zweites Album ist eine Ausnahmeerscheinung im Classic/Desert/Retro/Vintage/Prog/Hastenichtgesehen-Rock-Bereich; "Myriad" klingt nämlich ungefähr so, als hätte Björk nach ihren ersten beiden Alben Soundgarden zu ihrer Begleitband erkoren und ihren Hang zu avantgardistischen Klängen in eine eher zu klassischem Songwriting führende Richtung abgelenkt. Muss man gehört haben! <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/7d4e8d1ef47e4b0eaa6f5e202a9561b6" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.11.2022

Tracklist

  1. 1. Exosekeleton
  2. 2. Diametrical Enchantress
  3. 3. Moloken
  4. 4. Ra
  5. 5. Elden
  6. 6. My Sister Is a Very Angry Man
  7. 7. Sömnen
  8. 8. Mammon

Besetzung

  • Bass

    Erik Sävström

  • Gesang

    Emma Näslund

  • Gitarre

    Daniel Nygren, David Rosberg

  • Schlagzeug

    Jimmy Hurtig

Sonstiges

  • Label

    Nuclear Blast / Believe

  • Spieldauer

    36:37

  • Erscheinungsdatum

    11.11.2022

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