Tobias Forge, der momentan als Papa Emeritus IV firmiert, hat sich für den Nachfolger von GHOSTs letztem Album "Prequelle" 2018 erneut mit Produzent Klas Åhlund zusammengetan, der zuletzt für "Meliora" (2015) mit den schwedischen Megastars kollaborierte. Das Ergebnis "Impera" ist wie zu erwarten ein Classic-Rock-Hitfeuerwerk geworden, drückt aber beileibe nicht auf plumpe Art die üblichen Knöpfe, um die Spitzen der internationalen Plattencharts zu erklimmen.
Forge und seine Helfer - neben den wahrscheinlich stetig wechselnden Statisten an den Instrumenten die Songwriter Salem Al Fakir und Vincent Pontare (Madonna, Lady Gaga) sowie für mehr Gitarren-Power Opeth-Gitarrist Fredrik Åkesson - gehen also nicht den offensichtlichen und einfachsten Weg, sondern sprühen vor Kreativität, ohne die Hook-Dichte zu verringern.
Nach dem Intro ´Imperium´ läutet der Sänger ´Kaisarion´ mit einem True-Metal-verdächtig spitzen Schrei ein, woraufhin sich die Nummer als flotter und kraftvoller Power-Popper mit hintersinnigem Text entpuppt - ein Weichensteller für alles weitere mit breitbeinigen Arena-Rock-Riffs und einem schwer nach Eighties klingendem Bombast-Schlagzeug.
´Spillways´ weist Toto-´Hold the Line-Vibes auf, doch dieses Stück als bloßen Abklatsch dastehen zu lassen wäre in sträflichem Maß zu kurz gegriffen, denn GHOST sind längste eine unverkennbare Marke für sich. Nach dem vergleichsweise schlichten, nahezu ereignislosen Leisetreter ´Call Me Little Sunshine´ (ereignislos im Verhältnis zu den ständig Überraschungen bietenden Arrangements der meisten Tracks) markiert das einschließlich seiner einprägsamen Synthesizer-Hookline abartig griffige ´Hunter’s Moon´ ein absolutes "hören muss"-Highlight.
Anschließend wird´s anspruchsvoller: Das subtil finster und stoisch stampfende ´Watcher In The Sky´ (man achte abermals auf den mit Köpfchen geschriebenen und alles andere als weltfremden Text…) macht neben den Zwischenspielen ´Dominion´ und ´Bite Of Passage´ deutlich bewusst, dass man "Impera" sowohl Lied für Lied als auch - und umso mehr noch - als Gesamtwerk genießen kann und sollte. Auch wenn die meisten Stücke umgehend zünden, wird der wahre Wert der Scheibe erst ersichtlich, wenn man sich den pfiffig gezeichneten Spannungsbogen erschlossen hat.
´Twenties´ beginnt mit einem orchestralen Intro, das spontan an einen ollen Sci-Fi-Streifen denken lässt, schleicht dann für GHOST-Verhältnisse komplett unkonventionell einher - auch hier heißt es: hingehört bei den Lyrics! - und dürfte ein Höhepunkt des künftigen Bühnenprogramms der Band werden.
Die unapologetische Power-Ballade ´Darkness At The Heart Of My Love´ und der schmeichelhafte Softrocker ´Grift Wood´ (mit catchy Gitarrenmotiv und der denkwürdigen Zeile "I´m your rock baby won´t back down") bereiten letzlich das mindestens mittelgroße Finale ´Respite On The Spital Fields´ vor, das GHOST mit bestechender laut-leise-Dynamik und einem stärkeren Pre-Chorus als Refrain ein weiteres Mal als ultimative Gewinner von der Kanzel treten lässt.
FAZIT: "Impera" ist wie schon sein Vorgänger alles andere als eine schnöde Nachahmung beziehungsweise abgeschmackte Retro-Pop-Rock-Geschichte, sondern ein Album voller überlebensgroßer Gitarrenmusik fürs Hier und Jetzt respektive die Zukunft. GHOST bleiben unmissverständlich sie selbst, konsolidieren ihre halb eskapistische, halb auf die Wirklichkeit übertragbare Fantasiewelt weiter und verschmelzen musikalisch ambitionierte Edelware abermals in beinahe vollkommen ausgewogenem Gleichgewicht mit mehrheitsfähiger Eingängigkeit. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/b39e0d48eb764f4d90e2ec44d68851fe" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.03.2022
Papa Emeritus IV
Loma Vista / UMG
45:31
11.03.2022