Dass beim einstigen Extrem-Metal-Vorzeigelabel Earache einmal klassischer Hardrock hoch ihm Kurs stehen würde, dürfte zu Beginn der 1990er im Angesicht von Morbid Angel, Napalm Death und Co. kaum jemand erwartet haben, doch es ist längst Fakt, und insofern überrascht eine Truppe wie GOODBYE JUNE nicht wirklich im Programm der Firma.
Bei "See Where The Night Goes" handelt es sich um das zweite Album der Band, die seit der Veröffentlichung ihres Einstands "Magic Valley" im Jahr 2017 auf Händen durch einschlägige Medien getragen wurde, was durchaus gute Gründe hatte. GOODBYE JUNE bieten nämlich auch 2022 einen sympathisch unaufgeregten Take auf die beim Hören sehr schnell als Inspirationsgeber erkennbaren Vorgaben sowohl britischer respektive australischer als auch amerikanischer Idole.
Die langsameren, besonders stoischen Grooves (Titelstück, ´Baby I´m Back´, ´Three Chords´) der Rhythmusgruppe und Frontmann Landon Milbourns nicht zu grelle Reibeisenstimme erinnern nämlich überdeutlich an AC/DC, wohingegen Uptempo-Tracks à la ´Take A Ride´ einerseits jede Arena in den Vereinigten Staaten der 1980er hätten begeistern können, aber andererseits auch latente Südstaaten-Vibes verbreiten.
Die Ballade ´What I Need´ trägt passenderweise Gospel-Züge, wohingegen das ebenfalls eher zurückhaltende ´Nothing´ den dreckigen Bayou-Blues im Tank hat. Einschließlich der für diese stilistische Claim-Absteckung gängigen Text-Tropen von mehr oder weniger heimtückischen Damen über diverse Rauschmittel bis zu schlicht selbstreferenziellen Huldigungen der Stromgitarre bereitet die Platte Menschen, die nach mehr aus dieser Richtung suchen, gute Laune.
So erfüllen GOODBYE JUNE ihren Zweck, ohne Räder neu zu erfinden. Das Großartige hat sich die Combo bis zum Ende aufgehalten - ´Black´ im Fahrwasser früher Aerosmith.
FAZIT: "See Where The Night Goes" ist eine unapologetische Kiste von Zitaten der klassischten Hardrock-Acts, die es dort draußen je gegeben hat. GOODBYE JUNE erweisen sich zum zweiten Mal als gute bis sehr gute Songwriter, und wer beim Hören "seiner" Musik etwas mehr Aha-Effekte als üblich verträgt, dürfte sogar von der Scheibe begeistert sein. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/fd5b420d8dbf469283f53712c1480255" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.02.2022
Landon Milbourn
Tyler Baker, Brandon Qualkenbush
Earache / Edel
50:25
18.02.2022