Nicht erst seit gestern machen es sich HANGMAN´S CHAIR zur Aufgabe, die Tristesse der französischen Großstadt-Banlieues musikalisch greifbar zu machen, doch 2022 geschieht dies zum ersten Mal auf einer breiteren Öffentlichkeitsbühne, nun da die Band bei Nuclear Blast untergekommen ist.
An ihrem doch recht eigenen Dreh, was Doom Metal angeht, hat sich dadurch aber zum Glück wenig bis nichts geändert. "A Loner" verbreitet allenfalls noch einen Tick mehr Eighties-New-Wave-Vibes im Geist von Berlin, den Thomson Twins oder The Fixx, wobei der ätherische Gitarrensound gar nicht unpassenderweise an Type O Negative erinnert.
Auf der kompositorischen Ebene lassen es Frontmann Cédric Toufouti und Co. allerdings weiter ausladend angehen als die besagten Pop-Acts. Insbesondere die langen Melodiebögen wecken sogar Erinnerungen an die Epic-Metal-Granden While Heaven Wept, doch statt eines weltfernen Pathos schwingt hier die letztlich herbere Finsternis der modernen Wirklichkeit mit.
Die neun teils durchschnittlich (circa vier Minuten) langen oder etwas längeren Stücke - ´The Pariah And The Plague´ ist nur ein nebelhaftes Zwischen-Instrumental - könnten demzufolge zu Tränen rühren, doch HANGMAN´S CHAIR bilden die Realität in Ton und Text falls nicht mitleidlos, so doch in jedem Fall ohne kitschige Larmoyanz ab. Das macht "A Loner" eingedenk seiner Vielzahl eingängiger Momente zu einem für die künftige Entwicklung von Doom im weiteren Sinne bedeutend.
Aufgrund der emotionalen Schwere, die das Quartett erzeugt, führt dann endgültig kein Weg mehr an dem Album vorbei, falls man mal wieder einen gepflegten Klos im Hals und das schöne Gefühl braucht, ihn schließlich loszuwerden. Kathartische Musik nennt man das dann wohl…
FAZIT: Warme Musik zum Erhellen des kalt abweisenden, unpersönlichen urbanen Raumes - HANGMAN´S CHAIR sind spätestens jetzt die Soror Dolorosa (um in ihrer Heimat Frankreich zu bleiben) des Doom Rock bis Metal. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/d882baae8edc498890cd501555ec082f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.02.2022
Clément Hanvic
Julien Rour Chanut
Cédric Toufouti, Julien Rour Chanut
Mehdi Birouk Thépegnier
Nuclear Blast / Rough Trade
52:02
11.02.2022