<b>„Blutig, düster, aggressiv! So klingen HARPYIE anno 2022!“</b> (Pressetext zu „Blutbann“)
Gleich drei stimmungsvolle Leitsätze springen einen beim Öffnen des wunderschön finster gestalteten Digipaks von „Blutbann“ an:
* „Ich öffne meine Flügel und ich atme ein...“
** „Ich will dein Blutadler sein...“
*** „Schwarzer Tod in meiner Hand...“
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Das sind doch schonmal ein paar düstere Adressen, doch HARPYIE aus Ostwestfalen, die sich nach einem Fabelwesen der griechischen Mythologie benannten, sind ja seit nunmehr sechs folk-metal-mittelalter-rockigen Alben für die gespenstischen und tiefdunklen, vampirbissigen Töne bekannt und heiß geliebt. Und diese Liebe wird sich nach „Blutbann“ sicher bei vielen ihrer Anhänger noch ein bisschen mehr vergrößern. Auch weil sie auf ihrem aktuellen Album eine geschickte Mischung aus brachialen Riffs in Kombination mit ruhigen, weiblichen Gesangspassagen und eingängigen Melodien, die sich allerdings niemals bei irgendwelchen Pop-Affinos anzubiedern versuchen, sowie finster-blutrünstigen Texten zusammenmixen.
Auf ihrem Promo-Foto ihrer Homepage zeigen HARPYIE dann auch anschaulich ihre Vampir-Zähne und widmen sich gleich auf mehreren Songs der zwar als ausgestorben geltenden, aber nachts trotzdem verdammt lebendigen Spezies der Blutsauger, die – wie wir seit Herrn Lindenberg ja wissen – nur mit dem Gesöff namens 0-Rhesus-Negativ nichts anfangen können. Da atmet der Kritiker gleich mal ordentlich durch, denn genau dieses süffige Tröpfchen läuft durch seine Blutbahn. Glück gehabt…
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Weniger Glück aber haben diejenigen, die auf „Blutbann“ dem „Vampir“ begegnen, wenn der seine „Liebe auf den ersten Biss“ auslebt, während die Texte gerne auch auf den goetheschen Faust-Pfaden wandeln: „Ich bin das Dunkel, bin die Nacht, die Leidenschaft, die Leiden schafft...“ Gut, ein Goethe bekam das zwar poetischer und lyrisch stimmiger hin, aber der kam ja schließlich auch nicht aus Ostwestfalen.
Doch nicht nur Vampire tummeln sich auf dem aktuellen HARPYIE-Album, das diesmal tatsächlich härter als die Vorgänger ausgefallen ist und nach der Trennung von ihrer 'Hexengeigerin' Mechthild Janda statt durch eine Geige durch eine Drehleier – ja, das ist ja nun wirklich echtes Mittelalter – besticht.
Mörder und Geister begegnen uns genauso wie schwer verängstigte Wesen, die beispielsweise nach bestem Erlkönig-Vorbild in „Angst im Wald“ des Nachts an Hallows Eve mit donnernden Hufen über knochige Gräber reiten, auf der Flucht vor dem „kopflosen Tod auf sündigen Sohlen“. Das ist echt interessante Lyrik, durch die POEs Rabe kreischend als 'Blutadler' flattert und „Die Geister, die ich rief“ weckt: „Du kannst nicht mehr entkommen / Ernte die Schrecken, die sie säen (Übrigens ein doofer Fehler im schön gestalteten 16-seitigen Booklet, denn da steht 'sähn'.)“.
Ganz besonders schwere Geschütze fährt die ostwestfälische 'Horror'-Band dann mit „Nachtfalter“ auf, zu dem sie sich als Verstärkung gleich ASP mit in den Musik-Sarg holen. Und dass ASP und HARPYIE sich musikalisch wie thematisch sowie textlich verdammt nahe stehen, ist auf „Blutbann“ unüberhörbar. Doch auch SALTATIO MORTIS und IN EXTREMO rauschen klangvoll durch die HARPYIE-Blutbahnen.
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FAZIT: Man muss, um HARPYIE und dieses Album zu mögen, zugleich auch ein Faible für Vampire und andere finstere Gestalten haben – dann werden die mittelalterlichen Klangeskapaden, aufgehübscht mit bretternden RAMMSTEIN-Gitarren-Riffs und schaurigen deutschen Texten sowie einer wild drauflosorgelnden Drehleier, viel gruselige Musik-Freude bereiten. Wer lieber auf dem pop- oder rock-musikalischen Boden der Tatsachen oder auch liebeslyrischen Banalitäten bleibt, dem wird dieser musikalische „Blutbann“ dann doch eher Brechreiz bereiten. Dunkel gewandete Szene-Freunde bitte vortreten und diesen gelungenen Musik-Aderlass aus deutschsprachigem Folk Metal und Mittelalter Rock entgegennehmen.
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Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.02.2022
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