Im Grunde ist es egal, ob HECKSPOILER ironische Texte haben oder ob sie durch die instrumentale Besetzung und den Mundart-Gesang mehr als ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen. Wichtig ist zu verstehen, dass dieses Duo mit allem, was es auf „Tokyo Drift“ darstellt, Konventionen brechen will. Diese Musik ist schizophren, anstrengend und kann einem auch gehörig auf die Nerven gehen. Gleichzeitig ist das Klanggebräu aber auch ungeheuer spannend. Das liegt einerseits daran, dass es sich kaum in irgendeine Schublade stecken lässt. Vielleicht ist Punk ein passender Ausdruck für diesen Sound. Denn in erster Linie sind HECKSPOILER Energie.
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Schon der Titeltrack klingt so als ob man mit 180 Sachen in der falschen Richtung durch den Kreisverkehr brettert. Hibbelig, das Herz pumpt wie der Bass bis in die Kehle, der Magen zieht sich unweigerlich zusammen und doch ist da dieser Rausch, die Droge Adrenalin, von der man kaum genug bekommt. Dabei sind Genregrenzen genauso egal, wie die Texte mitunter sehr direkt, aber nicht plump formuliert sind.
Songs wie „Angst“ bringen den Charakter dieses Duos auf den Punkt. Energie ohne Ende, fast ein bisschen nervig wird die Musik durchs Ohr geprügelt. Dazu pendelt der Text irgendwo zwischen Provokation, Sozialkritik und Ironie. Diese Kombination findet sich in der ein oder anderen Ausprägung in sämtlichen Songs auf „Tokyo Drift“. Hier und da ein bisschen asozial (u.a. „Neid“) oder auch mal unverblümt und bewusst nah am Brechreiz (Wer kombiniert schon schiefe Kindermelodien und textlich stumpfen Sprechgesang… Okay, da dürfte es einige geben…), bevor plötzlich der Bass wie ein Vorschlaghammer durch den Kopf rauscht („Maurice“).
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Dabei können die Gesänge noch so schief sein („California“), die Musik noch so anstrengend, es ist nie uninteressant.
HECKSPOILER sind musikalisch eigenwillig und schrammen textlich an der Grenze zwischen Ironie, Stumpfsinn und cleveren Gedanken entlang. Da bleibt der ein- oder andere Ausfall nicht aus, aber insgesamt…
FAZIT: …haben HECKSPOILER mit „Tokyo Drift“ ein Album in Händen, das sich freigeistige Hörer härterer (moderner) Sounds durchaus mal anhören sollten. Allerdings ist hier und da auch etwas Geduld nötig, denn schön ist das Gebotene eher nicht, interessant aber allemal.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.06.2022
Kim Tom Gun
Kim Tom Gun, Zlatko San
Zlatko San
Noise Appeal Records
35:30
10.06.2022