Black Metal lebt von seiner Aura, dem spirituellen Wahnsinn und einem gewissen Grad an Unberechenbarkeit. Da aber die Szene auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, wird der Grad der Innovation natürlich immer schmäler.
HEGEROTH liefern mit „Sacra Doctrina“ allerdings wieder einmal den Beweis, dass es nicht zwingend Neuerungen in diesem Genre braucht, wenn nur die Musik mit der nötigen Hingabe und Ernsthaftigkeit bzw. Leidenschaft betrieben wird.
„Sacra Doctrina“ ist pechschwarz, erhaben und bösartig, aber eben auch filigran und von einer Detailverliebtheit, die sich erst nach und nach voll erschließt. Manche Momente, wie die durchdringenden Melodien und Licks in „In Torment – Part II“ entfalten ihre volle Wucht am besten über Kopfhörer. Denn dann kriecht die Kälte des Songs nach und nach förmlich in die Glieder.
Natürlich lebt diese Musik vor allem von ihrer Aura und der Wirkung als Gesamtpaket. Daher wirken die Songs sehr genau durchdacht. Die Musiker wissen genau, welche Stimmung sie wie kreieren wollen. Dementsprechend wirkt nichts an diesem Album zufällig, auch das kleinste Solo verfolgt einen bestimmen Zweck. Gleiches gilt für die sehr schlau eingesetzten Keyboards. Denn sie geben den jeweiligen Songs nochmal einen dramatischen Schub, wie z.B. das sehr kalt und feindselig klingende „In Torment – Part III“ beweist.
Im Grunde kratzen HEGEROTH immer gekonnt an der Grenze zum Wahnsinn ohne wirklich die Kontrolle zu verlieren. Gleichzeitig zeichnet sich „Sacra Doctrina“ durch eine künstlerische Tiefe aus, die nicht sofort zu fassen ist, aber mit der Zeit umso mehr beeindruckt. Der Abschluss „In Torment – Part I (PL)“ spannt außerdem den Bogen zum Anfang und zeigt deutlich, was unterschiedliche Sprachen bewirken können. Ist der Song in beiden Versionen ein schneidendes Riffgewitter, klingt der Abschluss auf polnischer Sprache fast noch einen Tick wahnsinniger als der englischsprachige Opener, obwohl rein musikalisch kein Unterschied vorhanden ist.
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FAZIT: Im Bereich melodischen Schwarzmetalls haben HEGEROTH einmal mehr stark abgeliefert. Hier werden altbekannte Tugenden spannend inszeniert und glaub- und vor allem ernsthaft vorgetragen. Und gerade im Black Metal sind künstlerische Tiefe und künstlerischer Ernst niemals gleichzusetzen mit musikalischer Stagnation. Denn wer sich spirituell/geistig ernsthaft ausdrückt, der stagniert nicht.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2022
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Eigenvertrieb
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24.01.2022