Judith Hoorens kennen wir als Keyboarderin der cinematographischen Post-Rocker WE STOOD LIKE KINGS. Als 'Königin der Herzen' thront sie alleine am Piano und bearbeitet in acht unbetitelten Tracks eine Keimzelle aus drei Tönen, die unterschiedlich arrangiert, angeschlagen, tempomäßig und atmosphärisch variiert sowie in Dur oder Moll gesetzt werden.
Gleich bleibt den kurzen Kompositionen die Anmut, der milde Wohlklang, irgendwo zwischen still versunkenem Keith Jarrett und lichteren Ludovico Einaudi-Momenten angesiedelt. Hoorens spielt geschmeidig und präzise, sie lässt die Töne tropfen und perlen, vermeidet allzu balladeske Schönfärberei durch Akkuratesse. Ein beseeltes Flanieren, das weitläufige Umwege vermeidet.
Trotz der knappen Prämisse ist „Visages“ erfreulich abwechslungsreich. Hoorens spürt in den langsameren Passagen den Tönen nach, ist kontemplativ, ohne zu langweilen und bleibt in den beschwingteren Momenten von ruhiger Gelassenheit. Musik wie eine wärmende Umarmung, klanglich superb.
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FAZIT: „Visages“ ist eine Traumreise im besten Sinne. Keine Verstimmungen zerstören den Fluss der Variationen über eine Kette aus drei Tönen. Judith Hoorens webt ein zartes Tongespinst, das dank seiner strukturellen Bestimmtheit Anflügen von betäubender New-Age-Beschallung den Mittelfinger zeigt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.12.2022
Judith Hoorens
Kapitän Platte/Cargo Records
40:13
24.06.2022