„Vox In Bestia“ ist ein mutiges, spannendes und herausforderndes Album, stellt es doch allein die menschliche Stimme in den Mittelpunkt, abgesehen von wenigen Momenten, die perkussiv untermalt werden. Sängerin Laura Catrani, die wir bereits von ihrer überzeugenden Zusammenarbeit mit Claudio Milanos NICHELODEON kennen, hat das entsprechende Organ und die Fähigkeiten, diese Aufgabe in einer Laufzeit von gut einer Stunde kunstvoll zu bewältigen. Live mit Sicherheit ein Kraftakt.
Grundlage der englischen und italienischen Texte (Lyrics von Tiziano Scarpa) ist das Bestiarium in Dante Aligheris „Göttlicher Komödie“. In Zusammenarbeit mit den Komponisten Fabrizio de Rossi Re, Matteo Francheschini und Alessandro Solbiati entwickelt Catrani daraus ein beeindruckendes, phantasmagorisches Kaleidoskop, in dem sie singt, erzählt, lacht, kiekst, schreit, gurrt, maunzt, hechelt und gelegentlich ein „Wuff“ ertönen lässt. Dass die Klänge nicht ins Parodistische kippen, liegt an Catranis Ernsthaftigkeit und Intensität, die „Vox In Bestia“ zwischen Hörspiel, experimenteller Oper und avantgardistischem Liederzyklus changieren lässt. Und am hervorragenden Sound, der Laura Catranis Stimme Raum gibt zu klingen und weitläufig zu verhallen. Aufgenommen wurde das Album an zwei Tagen im August 2021 in der Pfarrkirche San Giuseppe in Bozen. Der perfekte Ort.
Die Aufmachung der CD ist dem Sujet entsprechend, das opulente Digipak enthält ein kunstvolles Booklet, in dem Motivation, Geschichte und Inhalt des Sangesprojekts erläutert werden. Natürlich inklusive der gesprochenen und gesungenen Worte. Produkt und Produktion sind von höchster Qualität. Perfekt für ein Publikum, das vor Extremen nicht erschaudert, und sich nicht scheut Erschreckendes wie Zauberhaftes in gleichem Maße zu goutieren.
FAZIT: Laura Catrani interpretiert „Vox In Bestia“ faszinierend Dantes Schilderungen der Tierwelt, die alltägliche Begegnungen mit realen Wesen beinhaltet, wie Traumreisen mit und zu phantastischen Tierwesen. Dass Catrani dabei das ganze Spektrum zwischen Frohlocken (Erlösung) und dem Erleiden von Höllenqualen (Fegefeuer) umfasst, sollte dem geneigten Publikum klar sein. Denn „Vox In Bestia“ ist nicht nur schön, verführerisch und rauschhaft, sondern auch verstörend, grotesk, bohrend und anstrengend. Eine Anstrengung allerdings, die sich lohnt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.07.2022
Laura Catrani
Stradivarius/Naxos Deutschland
59:31
12.08.2022