<b>„MAGGIE BELL hat während ihrer herausragenden Karriere als eine der besten Blues- und Soul-Sängerinnen ungeheuer aufregende Zeiten erlebt.“</b> (Erster Satz im 22-seitigen Booklet zu „Maggie Bell Live At The Rainbow 1974“)
Da ist sie wieder – zumindest auf Tonträger – die immer und überall in den 70er-Jahren als 'Musikalische Schwester von JANIS JOPLIN' gehandelte Sängerin von STONE THE CROWS, welche nach <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2021/Stone-The-Crows/Ontinous-Performance/" target="_blank" rel="nofollow">dem tragischen Tod des 'Crows'-Kopfes und -Gitarristen LES HARVEY, infolge eines Stromschlags</a>, erfolgreich auf Solo-Pfaden wandelte und mit eigener Band im Grunde das geistig-musikalische Erbe von STONE THE CROWS fortsetzte. Das brachte ihr nicht nur unter den Fans, sondern auch in der weltweiten Musik-Szene viel Anerkennung und damit so einige Konzerte in sehr namhaften Hallen ein. Zwei davon gibt es nunmehr dank Repertoire Records von EROC remastert auch auf digitaler Konserve nachzuhören:
* MAGGIE BELL – Live At The Rainbow 1974
** MAGGIE BELL – Live In Boston 1975
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Allerdings gibt es hier deutlich merkliche Unterschiede festzustellen, die das 'Rainbow'-Konzert zum stillen Favoriten werden lassen. Das liegt jedoch nicht an der Qualität der Konzerte oder Bells Gesang, sondern an der Aufnahmequalität, welche der Tatsache geschuldet ist, dass die 'Boston'-Aufnahmen aus der Music Hall, bei dem MAGGIE BELL als Support von BAD COMPANY fungierte, aus ihrem persönlichen Aufnahmearchiv, das sie wohl auf Band während des Konzerts mitschneiden ließ, stammt. Daher klingt diese Aufnahme vom Sound her bei weitem nicht so gut wie das 'Rainbow'-Konzert ein Jahr zuvor.
Am 3. Oktober 1974 mischte MAGGIE BELL mit ihrer grandiosen Begleitband jedenfalls gehörig – nicht nur bluesrockig, sondern auch mit vielen akustischen Rock'n'Roll-Breitseiten – das Londoner 'Rainbow' auf und hinterließ dabei ein frenetisch applaudierendes und jubelndes Publikum. Genaueres dazu kann man in dem umfangreichen Booklet lesen, in dem Chris Welch einen sehr langen Begleittext beisteuerte, in dem er nicht nur auf das Konzert sondern die gesamte musikalische Entwicklung der Bell eingeht. Aber auch die Musikerin selber hinterlässt viele Infos, sodass auf den letzten beiden Booklet-Innenseiten zu jedem Song der Hintergrund erläutert wird.
Besonders ungewöhnlich erscheinen im Rahmen des Konzerts die beiden Medleys, welche insgesamt fast 25 Minuten des 75 Minuten langen Auftritts in Anspruch nehmen. Denn hier wird’s ziemlich akustisch und im ersten Medley extrem soulig, während sich das zweite Medley dem Gospel zuwendet und mit einem Song der ISLEY BROTHERS das Konzert abschließt.
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Das großartige Soul-Medley zuvor kommt dagegen im besten Bar-Style daher. Die Sängerin liefert sich mit dem Pianisten eine Tour-de-Force durch Soul-Klassiker, welche bei Bells Stimme und dem angjazzten Piano eine unglaubliche – weit von jedem Blues-Rock entfernte – intime Atmosphäre entfaltet, bis dann die Band mit Bass und Besen-Drumming tatkräftig einsetzt, um zu einem wilden Honky-Tonk-Piano-Solo überzuleiten, sodass einem bei dieser Leistung von PETE WINGFIELD Hören und Sehen vergeht.
Die Blues-Nummer „The Preacher“ enthält ein pfeffriges, aber zugleich sehr verspieltes, Gitarren-Solo, bei dem BRIAN BREEZE sich so richtig an seiner Gitarre austoben und zugleich rumexperimentieren darf – und das tut er anfangs ganz alleine, wobei er dabei sogar ein paar ironisch gespielte Country-Rhythmen einbaut, während im Hintergrund die gute Maggie zu einem Maultier mutiert und 'IIh-Ahh' ruft, um dann gleich mit dem „Penicillin Blues“ singend einzusteigen, bis die Band am Ende eine knackige Blues- und Rock'n'Roll-Nummer daraus entstehen lässt, welche jedem zuvor heraufbeschworenen Prediger die Kutte um die Ohren fliegen und vielleicht sogar ein paar schrumplig-zölibatäre Glöckchen plus einsamen Schlegel offenlegen würde.
So wird „Live At The Rainbow 1974“ ein echtes Highlight der Bell-Konzert-Ära, das noch dazu in richtig gut von EROC remastertem Sound auf CD zu überzeugen weiß.
Für die zweite CD innerhalb der Reihe mit alten Live-Aufnahmen von MAGGIE BELL geht es ein Jahr später nach Boston in die 'Music Hall', welche sie mit einer völlig neuen Band und beginnend mit dem druckvollen „Coming On Strong“ aufzurocken versucht, was ihr im Laufe des gut dreiviertelstündigen Konzerts bis zum Ende hin auch gelingt, wobei einen hohen Anteil speziell ihr sich bis zur Ekstase spielender Gitarrist hat.
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Insgesamt kommt „Live In Boston 1975“ deutlich rockiger rüber, als das 'Rainbow'-Konzert ein Jahr zuvor.
Leider aber klingen die Aufnahmen auf „Live In Boston 1975“ bei weitem nicht so gut wie die 'Rainbow'-Aufnahmen, obwohl auch hier EROC sein Bestes gegeben hat, sind diese etwas zu dumpf und eine (Stereo-)Kanaltrennung ist kaum wahrnehmbar. Trotzdem sind sie natürlich deutlich besser als jedes Bootleg-Niveau.
Bestes Beispiel hierfür ist ein echt geiles, über 5 Minuten langes Gitarren-Solo auf „Penicillin Blues“ (Einer der schon von STONE THE CROWS am häufigsten live gespielten Titel!), das man unbedingt gehört haben und auch auf CD besitzen sollte. Noch dazu konnte genau dieses Konzert-Highlight vom Sound her absolut spitzenmäßig und kristallklar ausgesteuert werden, weil wohl nur die Gitarre zu hören sein brauchte. Wenn die Band dann wieder fett einsetzt, wird der Sound automatisch etwas dumpfer.
Für beide Alben schrieb wiederum – wie es bei Repertoire Records zur längst liebgewonnenen Gewohnheit geworden ist – Chris Welch die Linernotes. Allerdings weist das 'Boston'-Album – neben der insgesamt schwächeren Sound-Qualität auch nur ein läppisches Booklet von vier Seiten auf, während das 'Rainbow'-Booklet mit viel Informationen und Fotos durch ein 24-seitiges Booklet zu glänzen versteht.
FAZIT: Zwei Live-CD's von MAGGIE BELL und ihren unterschiedlichen Begleitbands aus den 70er-Jahren. Ähnlich unterschiedlich wie die Bands ist auch die von EROC remasterte Soundqualität, die auf „MAGGIE BELL – Live At The Rainbow 1974“ rundum zu überzeugen weiß, während „MAGGIE BELL – Live In Boston 1975“ (Hier trat sie als Support für BAD COMPANY auf!), das von privaten Archiv-Aufnahmen der häufig mit JANIS JOPLIN verglichenen Sängerin stammt, diesen hohen Anspruch nicht halten kann. Allerdings ist die musikalische Qualität beider Konzerte ohne Wenn und Aber auf allerhöchstem Niveau.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.10.2022
Mo Foster
Maggie Bell, Pete Wingfield
Brian Breeze
Pete Wingfield
Paul Francis
Maggie Bell (Tambourine)
Repertoire Records
75:05 + 47:50
24.06.2022