MAJOR PARKINSON können eine Menge, und sie zeigen es auch. Da trifft in ein und demselben Song Leonard Cohen auf Bruce Springsteen („Behind The Next Door“), berauschter Electro-Pop springt hymnisch in die Edel-Disco, proggige Keyboardeinsätze verbreiten pastorale Erhabenheit, ab und an werden metallische Haken geschlagen. Alles geht, nichts muss.
Trotz all der scheinbar disparaten Stilmittel fällt das Album nicht auseinander. Vielfalt regiert und wird zusammengehalten von den starken Sangesleistungen des sonoren Jon Ivar Kolbotn und seiner Kollegin Linn Frokedal, die mühelos zwischen ABBA-Vibe und Rock-Chanteuse wechseln kann. MAJOR PARKINSON haben die 80er genau studiert und lassen das gekonnt und spielerisch jederzeit einfließen. Da standen DEPECHE MODE und die BUGGLES (Video-Violence in „The Room“, „Fantasia Me Now!“ mit „The video killed the arcade star“) ebenso Pate wie das Duo Loaf/Steinman. Es gibt keine Angst vor Pathos, mächtigen Chören und überschäumendem Exzess. Aber auch stille, retrospektive Momente haben ihren Platz, die Leonard Cohen/Nick Cave-Momente ebenso beinhalten wie collagenartige, sacht grollende Intermezzi.
Auch wenn das Piano jubiliert, die Keyboards zwischen Kirmes, Kirche und den Strawberry Fields Volten schlagen, die Synthies von massiven Drums voran gedroschen werden, mischen Gitarre und Bass prägend mit. Instrumentales Powerplay, bei dem es an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt. Im Vorder- wie Hintergrund. Die Texte dazu sind voller popkultureller Referenzen, erzählen von Sehnsüchten nach einer idealisierten Vergangenheit, von Gewalt, Träumen, Verlust und dem Verloren sein. Die 80er waren ein Jahrzehnt des Wandels. Nicht unbedingt zum Besseren. MAJOR PARKINSON liefern den Anfang eines möglichen Soundtracks dazu. Wir sind gespannt wie es weitergeht.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/FYTy6XJ7lg8" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe></center>
FAZIT: „Valesa – Chapter 1: Velvet Prison“ ist ein Grand Guignol-Musical der exzessiven Art. Genregrenzen interessieren MAJOR PARKINSON nicht, hier wird überbordend musiziert: Prog, Stadion-Rock und AOR treffen auf elektronische Entdeckungsreisen und grüblerische Singer-Songwriter-Sequenzen. Manchmal im selben Song. PURE REASON REVOLUTION haben so etwas ansatzweise versucht, DREDG ebenso. MAJOR PARKINSON versuchen nicht, sie beherrschen und gehen in die Vollen. Eine rauschhafte Achterbahnfahrt.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.12.2022
Eivind Gammersvik
Jon Ivar Kollbotn, Lars Christian Bjørknes, Linn Frøkeda,, Sondre Skollevoll, Peri Winkle (Claudia Cox), Kadeem Nichols, Porcha Clay, Naarai Jacobs , Megan Parker, Ashly Williams, Eric Lynn, Erik Brooks
Sondre Skollevoll, Øystein Bech-Eriksen, Eivind Gammersvik, Anders Bjelland
Lars Christian Bjørknes , Jon Ivar Kollbotn, Eivind Gammersvik
Sondre Veland
Jon Ivar Kollbotn (windom earl flute), Øystein Bech-Eriksen (Bucuresti glass harp, whoaphone), Peri Winkle (Claudia Cox) (violin), Carmen Bóveda (cello), Jens Erik Aasmundseth (C64 keyboard percussion), Bjarne Tresnes Sørensen (harmonica)
Apollon Records
60:16
04.11.2022