Strenggenommen existieren NAPALM DEATH nunmehr seit über 40 Jahren, doch die aktuelle und wahrscheinlich auch beste (mitreißendste, gegenwartsrelevanteste, innovativste, präziseste, intensivste…) Inkarnation ist jüngeren Datums und hat Frontmann Mark "Barney" Greenway als einen der intelligentesten Köpfe der extremen Musikszene emporgehoben.
Rein musikalisch ist aus dem rumpeligen Grindcore von einst rasiermesserscharfer Soundkrieg mit zig unterschiedlichen experimentellen Ansätzen geworden, die insbesondere Mitte der 1990er im Lager der Fans selbst unter Hardlinern für Kritik sorgte - und EPs wie die nun vorliegende haben sich immer als akustische Versuchslabors angeboten.
Tatsächlich handelt es sich bei "Resentment is Always Seismic - A Final Throw of Throes", dessen Titel nicht von ungefähr an das letzte Studioalbum der Briten anknüpft ("Throes Of Joy In The Jaws Of Defeatism", 2020), um weitere Tracks aus der Entstehungsphase desselben. Die Musik ist allerdings dem EP-Format gemäß deutlich weniger berechenbar ausgefallen.
Das von krassem Zerr-Bass getriebene ´Narcissus´ erinnert zunächst an die wagemutige Zeit von "Greed Killing" beziehungsweise "Diatribes" (1995), rast dann aber mit Vollgas in die Gegenwart, doch ´Resentment Always Simmers´ zeigt die Band von ihrer schwärzesten, zähesten Seite, wobei Brüllwürfel Barney Greenway wieder eine seiner seltenen semi-melodischen Performances hinlegt.
´By Proxy´ ballert anschließend völlig geradlinig für nicht einmal zweieinhalb Minuten, ehe mit ´People Pie´ - im Original von den "Industriellen" Slab! - und die Bad-Brains-Nummer´ ´Don´t Need It´ wei Aufnahme folgen, die beweisen, das NAPALM DEATH ein Händchen für außergewöhnliche Coverversionen haben; erstere kommt mit Damenchor (!) und Sprechgesang daher, zweitere bleibt dem Original im Lauf von etwas mehr als einer Minute weitgehend treu, auch wenn die Briten natürlich viel rüder vorgehen als die amerikanischen Hardcore-Pioniere.
Nach der todemetallischsten Schote ´Man Bites Dogged´ wirkt ´Slaver Through a Repeat Performance´ mit Greenways wiederkehrendem Singsang richtiggehend eingängig, und das Titelstück ist seinem Untertitel gemäß eine Geräuschkulisse, die Bassist Shane Embury unter dem Banner seines Soloprojekts Dark Sky Burial gemeinsam mit Producer Russ Russell ersonnen hat.
FAZIT: Eine halbe Stunde NAPALM DEATH in vielen Facetten und dennoch nicht von allen Seiten, die sie im Laufe ihrer Karriere gezeigt haben - "Resentment is Always Seismic - A Final Throw of Throes" taugt als weiteres Zeugnis für die Unantastbarkeit einer der im wahrsten Sinn des Wortes extremsten Gitarrenbands aller Zeiten. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/767411a70c204f9ea12e64aefb1099ef" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.02.2022
Shane Embury
Mark "Barney" Greenway
Shane Embury
Danny Herrera
Century Media / Sony
29:29
11.02.2022