Der nervös zuckende Opener „Kill The Fear“ führt den Hörer von NASH ALBERTs aktuellem Album etwas auf die falsche Fährte: Anfangs wird bissiger Post-Punk angetäuscht, der aber immer wieder von progressiven Strukturen durchbrochen wird. Wenn dann zwischendurch das Klavier die Führung übernimmt, ist die Verwirrung vorerst komplett.
Das folgende lockere „Betting On My Fate“ ist in gewisser Weise bereits das Gegenstück zum komplexen Einstieg in „Yet“. Klavierbetonter Rock mit leicht melancholischer Melodieführung und lockerem Groove sowie eine stimmig eingesetzte Querflöte, die für etwas orientalischen Flair sorgt und einen schönen Kontrast zum warmen, angenehm rauen Gesang bildet.
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„Lost In Jerusalem“ dreht die Stimmung danach um 180 Grad. Zu bedrückenden Synths erinnert der Gesang an die Dramatik eines NICK CAVE. Die dezenten Verzerr-Effekte und die pumpenden Rhythmen transportieren eine Beklemmung, die vor allem im Vergleich zum folgenden „Monkey Blues“ regelrecht befremdlich wirkt. Denn hier tanzt wahrlich der Affe. Regelrecht lebensfroh tönt der Sound aus den Boxen, der sich auch perfekt in einem Pub machen würde.
„Love To Reset“ klingt dagegen aufgekratzt, irgendwie schrammelig aber doch authentisch.
Dass NASH ALBERTs wahre Stärke aber in den ruhigen Momenten liegt, beweist er mit „Autumn Rain“ das erste Mal. Leicht melancholische Dramatik, ein angestaubt wirkendes Klavier klimpert verträumt vor sich hin… und doch liegt in dem Song eine unbändige Kraft, die sich auch in „Cocaine Hangover“ wiederfindet, hier aber von gänzlich anderer Qualität ist. Aus Melancholie wird Verzweiflung, wird irgendwann Resignation und die daraus resultierende Erkenntnis, dass Einsamkeit die einzige Folge aus der eigens kreierten Abartigkeit ist. Der dezente Schuss Noise-Rock tut sein Übriges und verleiht der Musik ein aufgekratztes Element, das sich in „Sun Rise“ aber in allgemeinem Wohlgefallen auflöst. Das Leben ist schön! So könnte die Kernbotschaft dieser Nummer lauten, die wie der Paradesoundtrack für einen unbeschwerten Sommertag unter Freunden klingt. Die Freiheit ist förmlich greifbar. Sehr schön!
Ob „I Won’t Look Back“ eine direkte Reaktion auf dieses Gefühl ist, ist schwer zu sagen, aber diese anfängliche Klavierballade klingt wieder bedrückender und doch ist eine grundlegende Harmonie, ja, Zufriedenheit spürbar. Dabei macht sich das rauchige Timbre von Nashs Stimme genauso angenehm wie es in „Marbella“ fast etwas zu sehr knirscht. Könnte aber auch daran liegen, dass außer einer Ukulele keine anderen Instrumente zu hören sind.
„…And Yet“ zeigt sich am Ende als melancholische Rockballade von Breitwandformat und führt „Yet“ zu einem zwar nachdenklichen, aber doch versöhnlichen Schlusspunkt.
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FAZIT: Im Grunde gibt’s hier nicht viel zu meckern. „Yet“ von NASH ALBERT ist akustisches Sommerkino mit tendenziell positivem Flair. Das Motto dieses Albums dreht sich besonders um Weltoffenheit und Selbstakzeptanz. Eigenschaften, die in der jetzigen Zeit grundlegend immer wichtiger zu werden scheinen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.02.2022
Nash Albert
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Nash Albert
MIG music/Indigo
43:36
28.01.2022