Dass PHILEAS vor diesem Debüt bereits einiges an musikalischer Erfahrung sammeln konnte, ist „Present“ anzuhören.
Der künstlerische Background als Straßenmusiker schimmert dagegen nur in Nuancen durch. Zumindest auf den ersten Blick. Nach eingehender Begutachtung des Materials kann aber festgestellt werden, dass die Intimität der Musik vielleicht doch von der Tätigkeit auf der Straße herrührt. Denn dort gibt es keinen doppelten Boden in Form von Studiotechnik und Effekten, alles was der Musiker nach außen trägt, kommt unmittelbar beim Publikum an. Das formt das künstlerische Selbstbewusstsein, das PHILEAS ohne Zweifel hat.
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Vielleicht hat dieser Hintergrund auch dazu geführt, dass PHILEAS ein guter Geschichtenerzähler geworden ist. Denn seine Texte lesen sich oft als Kommentare auf die gesellschaftlichen Zustände und hinterfragen die Gegebenheiten unserer Zeit, ohne aber klare Antworten zu liefern (einzig die, doch ziemlich deutliche, Kritik am Totalitarismus in „For Your Own Safety“ fällt da etwas aus dem Rahmen). Dadurch bleiben seine Texte vielseitig und von jedem Hörer persönlich interpretierbar. Das könnte als Ausflucht vor einer klaren Kante verstanden werden, ist in diesem Fall aber vielmehr eine passende Fortführung der Musik, die sich als zutiefst emotional herausstellt.
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Diese Emotionen sind zwar mitunter sehr direkt erlebbar, wie z.B. im fragilen Abschluss „Breathe (A most beautiful present)“. Zugleich sind Stücke wie das intime „Field Commander Cohen“ aber auch sehr individuell interpretierbar.
Ja, gerade dieser Song ist (nicht nur aufgrund des Titels) eine Hommage an LEONHARD COHEN, er scheint auch eine sehr persönliche Ebene für PHILEAS zu haben.
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Eine Tatsache, die fast für alle Songs dieses Albums gilt, wodurch sich sehr viele zusätzliche Facetten ergeben, die aber eben für jeden Hörer anders erscheinen werden.
Solche Offenheit verleiht der Musik insgesamt einen zusätzlichen positiven Effekt, denn auf diese Weise lässt sich aus beinahe jeder Nummer ein individueller Ansatz erschließen, ohne Zwang, aber mit viel positiver Kraft.
Auch ist die musikalische Vielfalt des Albums sehr passend. Die Songs streifen von Blues über Gospel bis hin zu Folk und Popmusik diverse Genres, klingen trotzdem nie zerfahren, sondern werden zu einem sehr eigenständigen Gemisch verbunden.
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FAZIT: Ohne Zweifel hat PHILEAS ein vielversprechendes Debüt in den Händen, das nicht immer konventionell klingt und stets einen sehr persönlichen Touch aufweist. Da „Present“ aber auch ohne Textstudium relativ zügig ans Herz geht, ist anzunehmen, dass mit PHILEAS auch in Zukunft zu rechnen sein wird.
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Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.11.2022
René Riewer
Mathias Neyrand, Pauline Lopez de Ayora
Mathias Neyrand, Robert Kerner, Clément Doumic
Johannes Wehrle, Mya Audrey, Clément Doumic
Gidon Carmel
Katharina Chu (Violine), Armand Dubois (Horn), Antoine Philippe (Tuba)
Armadillo Records/Recordjet/Edel
34:45
21.10.2022