„Old Souls“ ist ein Fall für die „copy & paste“-Abteilung, denn eigentlich könnte man die Rezension zu „Unstuck in Time“ duplizieren. Gut, die lyrischen Themen haben sich etwas verändert. Donald Trump besitzt keine Relevanz mehr, dafür bekommt der Windmühlenflügeltraum Don Quichottes seine zwölfminütige Referenz. Angenehmerer Gegenstand der Betrachtung.
Musikalisch bleibt Rick Miller bei seiner Kernkompetenz, die er allerdings auch exzellent beherrscht: Bedächtiger, symphonischer Progressive Rock, der sich atmosphärisch mit den mittleren bis späten PINK FLOYD einen ausladenden Raum teilt, die friedvolle Traurigkeit gedämpfter CAMEL-Titel besitzt und auch mit den MOODY Blues gut befreundet ist („Ixtlan Awaits“).
In „A Stitch Of Time“ gibt es, besonders rhythmisch, kleine Weltmusik-Extravaganzen und die immer wieder gerne eingesetzten Flöten bekommen ordentlich zu tun. Doch vorherrschend sind wie gewohnt ausgedehnte Keyboardflächen, elegische E- und sanfte akustische Gitarrenklänge. Tempomäßig befinden wir uns durchwegs in relaxten Sphären. Dramatik entsteht durch fein akzentuierte Rhythmusarbeit und den großen Gestus, der in weiten Bögen die Tracks von überschaubarer Länge umspannt. „Don Quixote“ ist der einzige Ausreißer, der die zehn Minuten-Marke überschreitet.
Nicht nur in jenem Song gibt es ein bisschen Kammermusik, in der Cello und Violine brillieren dürfen („Guinevere“ ist noch vertrauter mit dem Kämmerchen). Aber das bleibt dezent, freundlich und nervenschonend. Für manchen Hörer vermutlich zu sehr. Doch wer sich gerne nur von einem kleinen Hauch schwermütigen Pathos‘ umwehen lässt, das aber niemals deprimierend, sondern immer salbungsvoll wirkt, der wird bei „Old Souls“ wieder behagliches Ruhekissen finden, während anderweitig Pandemie und Despoten toben. Tut gut.
FAZIT: Nichts neues von Rick Miller. Das aber sehr gut. „Old Souls“ macht da weiter, wo „Unstuck In Time“ aufhörte. Gekonnt und wie gewohnt lustvoll seelenwund (explizit textlich. Mit Widmungen an A. I. Tennyson, Carlos Castaneda und Migúel de Cervantes. „Your mind is lost in ghostly dreams, a shadow calls your name“. So sieht’s aus. Und der Wald ist immer dunkel, nur vereinzelt brechen sich Sonnenstrahlen ihre Bahn.) Ist nicht wirklich Rock’n’Roll, but we like it.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2022
Rick Miller
Rick Miller
Rick Miller, Barry Haggarty, Kane Miller
Rick Miller
Will
Rick Miller, Sarah Young, Jaye Marsh (flutes), Mateusz Swoboda (cello), Kane Miller (violin)
PPR
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04.02.2022