„Welcher Song gefällt Dir denn am besten?“ fragt SASMI ASHWORTH rhetorisch im Gespräch zu ihrer zweiten Solo-LP „Squeeze“ und fasst dann gleich zusammen: „Ich finde ja, die Scheibe hat für jeden etwas.“ Dem kann nun wirklich nicht guten Gewissens widersprochen werden, denn im Gegensatz zu ihrem selbst betitelten Debütalbum handelt es sich bei „Squeeze“ nicht um ein weiteres Selbstfindungsalbum im straighten Indie-Pop-Format, sondern um eine unberechenbare musikalische Wundertüte, zudem mit einem vollkommen neuen inhaltlichen Konzept.
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Was ist geschehen?
Nun – auf der musikalischen Seite hat SASAMI schlicht die eigenen Hörgewohnheiten geändert und lässt neben diversen Indie-Pop-Elementen auch härtere Sounds aus den Bereichen Nu-, Industrial- und Thrash-Metal zu, was sich zum Beispiel darin äußert, dass bei Tracks wie „Skin A Rat“ oder dem angeschrägten DANIEL JOHNSTON-Cover „Sorry Entertainer“ der MEGADETH Drummer DIRK VERBEUREN hinter dem Drumkit saß oder beim Titeltrack das Londoner Punk-Outfit NO HOME als SASAMIs „Backing-Band“ fungierte.
Auf der anderen Seite der stilistischen Extreme finden sich dann versöhnliche Powerballaden wie das abschließende „Not A Love Song“, Power-Pop à la „The Greatest“, Folk-Pop wie „Call Me Home“ und mit "Tried To Understand" gibt es gar Country-Andeutungen.
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Dennoch ist der größte Unterschied zum Debütalbum die inhaltliche Neuausrichtung. Denn für ihre neuen Songs wollte sich SASAMI nicht alleine auf sich selbst verlassen, sondern suchte nach einer überlebensgroßen Figur, um ihre Anliegen in einer Art eskapistischem Phantasie-Setting an die Zuhörer(innen) heranzutragen. Dabei wurde sie in der japanischen Mythologie fündig. Die von ihr ausgewählte NURU ONNA (= „nasse Frau“) ist dabei eine Seeschlange mit Frauen-Gesicht und giftigen Stacheln, die SASAMI als idealen Avatar für ihre feministischen Empowerment-Statements instrumentalisiert. So ist es denn auch die NURU ONNA (als die SASAMI sich im Artwork rund um das Album auch selbst präsentiert), die im Titelsong ihrem männlichen Opfer nicht nur im übertragenen Sinne die Luft abdreht.
Das darf aber dann gerne auch anders interpretiert werden, denn SASAMI möchte nicht als Moralistin verstanden werden, sondern als musikalische Unterhalterin.
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FAZIT: Eine Art musikalische Karriere im Krebsgang absolvierte die kalifornische Musikerin SASAMI ASHWORTH, die schon lange bevor sie sich 2015 als Keyboarderin der Band CHERRY GLAZERR anschloss und 2018 erste Grundsteine für ihre Solo-Laufbahn legte, als studierte Filmkomponistin, Arrangeurin und Musiklehrerin arbeitete. Auf ihrem nunmehr zweiten Solo-Album „Squeeze“ wirft die Gute all ihre musikalischen Erfahrungen in die Waagschale und bietet vom dräuenden, kammermusikalischen Instrumental-Drone über den gutgelaunten Indie-Pop-Song bis hin zum brutalen, nihilistischen Krach wirklich so ziemlich alles Vorstellbare. Oder wie sie selbst sagt: Für jeden etwas!
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.02.2022
SASAMI Ashworth
SASAMI Ashworth
Dirk Verbeuren
Domino
32:07
25.02.2022