Nach „The Great War“ befassen sich SABATON auf „The War To End All Wars“ erneut mit dem ersten Weltkrieg. Und wie immer spaltet die Band die Gemüter. Fans werden es ohne Ende abfeiern, Hater werden immer noch die gleichen Argumente finden um zu haten (Schlager-Metal, unpassende Musik für die textliche Thematik usw.). Und ja, sicherlich kann und darf über die Texte (wie in den drei SABATON-Reviews unter unserer Seite beispielsweise) diskutiert werden, aber um mal einen szenerelevanten Vergleich zu wagen: Was ist an realer Gräuel (wie eben Kriegen usw.) so anders als z.B. an satanistischen Inhalten, die, gemessen am Konsens der Gesellschaft, jetzt auch nicht unbedingt humanitär sind?
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SABATON haben von Beginn ihrer Karriere an klargestellt, dass sie sich in erster Linie als Geschichtenerzähler verstehen. Ihre Geschichten beziehen sich aber eben auf reale Geschehnisse. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Auch das Argument, es sei in höchstem Maße unpassend, ihre Texte in durchgängig hitverdächtige Ohrwürmer zu packen, entlarvt sich spätestens dann als Scheinargument, wenn man sich erstens, diverse Stellungnahmen der Band zu ihren Texten anschaut und zweitens, vor Augen führt, dass sich SABATON über die Jahre hinweg zu einem „Big-Player“ in der Metal-Szene gemausert haben.
Zur Musik: Das eher an ein Hörspiel erinnernde „Sarajevo“ beschreibt die Umstände um die Ermordung von Kaiser Franz Ferdinand von Österreich-Ungarn, die in letzter Konsequenz im ersten Weltkrieg mündete. Lediglich der hymnische Refrain unterbricht die, von einer weiblichen Stimme, gesprochenen Passagen. Dass der Rausschmeißer „Versailles“ im gleichen Stil gestaltet ist, schafft außerdem eine stimmige Klammer die „The War To End All Wars“ sehr rund wirken lässt.
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Mit „Stormtroopers“ gehen SABATON dann erstmals in die Vollen und zeigen, dass sie immer noch in der Lage sind, schnelle und druckvolle Hymnen zu schreiben. Thematisch knüpft das Stück an <a href="https://youtu.be/HF_4K2yPR7A" target="_blank" rel="nofollow">„The Future of Warfare“</a> vom Vorgängeralbum an, beschreibt aber mehr das Aufkommen neuer Kampftaktiken, wie eben die namensgebenden Sturmtruppen und der Blitzkrieg-Taktik während des ersten Weltkriegs.
Dass der gesteckte thematische Rahmen auch immer noch genug Stoff für interessante Geschichten bietet, zeigt sich u.a. in Songs wie dem packenden „Lady of the Dark“, in dem die Geschichte von Milunka Savic nacherzählt wird, die den Platz ihres Bruders in der serbischen Armee einnahm und als Mann verkleidet zu einem der höchstdekorierten Soldaten während des Krieges wurde.
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Im direkten Vergleich zu „The Great War“ wirkt „The War To End All Wars“ mit der Zeit sogar ein bisschen runder, was u.a. daran liegt, dass der Spannungsbogen besser ausbalanciert wirkt.
Neben typischen Stampfern wie „Dreadnought“ geben SABATON diesmal wieder etwas mehr Gas, was Knallersongs der Marke „Hellfighters“ sehr gut zu Gesicht steht. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Joakim Broden und Co. meisterhafte Geschichtenerzähler sind. Nicht nur dass hier dem 369. Regiment, das hauptsächlich aus puerto-rico- und afroamerikanischen Soldaten bestand und in der Maas-Argonnen-Offensive kämpfte, Tribut gezollt wird, auch die Dramatik innerhalb der Nummer ist sehr beeindruckend gestaltet. Trotz Uptempo-Groove und deutlichem Fokus auf die Gitarren setzt vor allem das Keyboard interessante Akzente. Manchmal erinnert die Nummer gar an die Anfänge zu Zeiten von Alben wie <a href="https://youtu.be/eNlRqyUV4ss" target="_blank" rel="nofollow">„Attero Dominatus“</a>.
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„Race to the Sea“ ruft mit seinem stampfenden Charakter dann Erinnerungen an <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2012/Sabaton/Carolus-Rex/" target="_blank" rel="nofollow">die geniale „Carolus Rex“-Scheibe</a> wach und fällt vor allem im Refrain ähnlich hymnisch aus. Ohrwurm-Garant!
Zum Ende hin markiert die dramatische Halb-Ballade „Christmas Truce“ sogar noch ein Novum für Bandverhältnisse. Geht es hier doch nicht direkt um kriegerische Themen, sondern um den Weihnachtsfrieden von 1914. Passenderweise wird der Bombast hochgefahren und der Pathos kratzt durchaus an der Kitsch-Grenze. Dabei tappen SABATON aber nicht zu sehr in die klebrige Falle, vielmehr wird durch den opulenteren Charakter die gegensätzliche Thematik (weg vom Konflikt hin zu Friede und Gemeinschaft) passend in Szene gesetzt. Auch der Gesang klingt emotionaler als zuvor, was sich besonders im mitreißenden Chorus bemerkbar macht.
Der Abschluss „Versailles“ trägt die vorher erzeugte Hoffnung weiter und beendet das Album im selben Stil wie es begonnen hat, gemahnt aber auch daran, dass der Frieden ein zerbrechliches Gut ist.
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FAZIT: Unterm Strich ist „The War To End All Wars“ wieder etwas abwechslungsreicher ausgefallen als der ein oder andere Vorgänger. Natürlich sind sämtliche Trademarks der Band immer noch vorhanden, was sowohl Hater als auch Fans zufriedenstellen dürfte. Neutral betrachtet haben SABATON aber wieder einmal ein eingängiges und potenziell hitverdächtiges Album an der Schnittstelle zwischen Power- und Heavy-Metal abgeliefert, mit dem sie ihren Status in der Szene untermauern.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.06.2022
Pär Sundström
Joakim Brodén
Chris Rörland, Tommy Johansson
Joakim Brodén
Hannes Van Dahl
Nuclear Blast Records
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04.03.2022