Im Augenblick sind SAXON nicht die einzige Bande von Veteranen, die sich anhaltend jung zeigt, aber obwohl ihr neues Album alles andere als durchwachsen ist, haben beispielsweise Magnum die Nase vorn, was Songs mit hohem Klassiker-Potenzial betrifft. „Carpe Diem“ wurde auf allen Soundebenen souverän von Frontmann Biff Byford (Aufnahmen) und Produzent Andy Sneap (Studio-Endveredlung) in Szene gesetzt und zeigt die Gruppe auf kompositorisch "nur" gehobenem Niveau.
Eine wiedergewonnene Heaviness - wohlgemerkt nicht dass die Vorgänger seicht gewesen wären - kaschiert nicht unbedingt schwerwiegende Schwächen, aber doch eine Art von Songwriting vor allem zum Ende der Tracklist hin, die sich mit dem Schlagwort "austauschbar" zusammenfassen lässt. Insbesondere das behäbige ´Black Is The Night´ und das zum Glück kaum drei Minuten kurze ´Living On The Limit´ hinterlassen mit ihren einfallslosen Refrains und vorhersehbaren Strukturen einen zwiespältigen Eindruck, weshalb man zumindest insofern beruhigt sein darf, als SAXON bis dahin doch ein paar Volltreffer im Programm haben.
Dazu gehört das flotte Titelstück zu Beginn, das gemeinsam mit dem ebenfalls forschen ´Age Of Steam ´ aufgrund seiner kämpferischen Attitüde den Grundton für den Rest vorgibt. Demgegenüber stehen getragen atmosphärische Momente wie ´The Pilgrimage´ mit dezenter Keyboard-Untermalung () erinnert an jüngere Maiden-Epen, bloß nicht so lang) oder ´Lady In Gray´ (zurückhaltend und schreitend, teils mit Klavier unterlegt) einschließlich kauziger Keyboard-Fanfaren, die etwas antiquiert wirken.
Die Highlights sind dann ´Dambusters - eine der energetischsten Nummern mit sattem Riffing, von Spielgeilheit zeugender Solosektion und swingendem Groove -, ´Remember The Fallen´ SAXON-typisches Midtempo und ´Super Nova´ als knallharte Doublebass-Walze.
FAZIT: SAXONs sage und schreibe 23. Studioalbum lässt sich innerhalb der Diskografie der Band ungefähr zwischen "Dogs Of War" und "Unleash The Beast" einordnen (also in der Mitte oder am Ende der 1990er), wobei das Songwriting der Engländer nicht immer höchsten Ansprüchen genügt. Die wieder zugenommene Härte und kompakte Anlage von "Carpe Diem" macht seine Mängel bis zu einem gewissen Grad wett. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/01c4fa906370453db05d7ad2a09931b0" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2022
Nibbs Carter
Biff Byford
Paul Quinn, Doug Scarratt
Nigel Glockler
Silver Lining / Warner
51:25
04.02.2022