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Teufelnacht: Ausnahmeverbrechen

Stil: Black Metal

Cover: Teufelnacht: Ausnahmeverbrechen

Ist „Ausnahmeverbrechen“ tatsächlich die propagierte Rückführung des Black Metal in die Kontroverse, aus der sich die Szene in ihrem Ursprung maßgeblich entwickelte?
Teilweise.
TEUFELNACHT sind auf alle Fälle keine stereotypen Schwarzmetaller. Ganz im Gegenteil: Dieses Debüt wirkt in weiten Teilen wie eine Abrechnung mit der Szene generell, oder wenigstens wie ein provokanter Hirnfick für die sog. Black-Metal-Elite.
Diese Haltung findet sich nicht nur im plakativ betitelten „Black Metal ist tot“ wieder. Auch das Garry-Glitter-Cover „Do You Wanna Touch Me“ zeugt davon, dass die Musiker doch ganz schön auf Krawall gebürstet sind. Wie sehr hier die Provokation aber vor allem gegen die eigene Szene gerichtet ist, zeigt die Band auch dadurch, dass sie sich eben doch ein Stück weit der ach so verächtlichen Szene-Klischees bedient.

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Die Überspitzung dieser Klischees, bzw. auch das sarkastische Betreten bisher weniger ausgetretener Pfade („Harem Keepers of the Oil Sheeks“ rechnet u.a. mit dem Islam ab), zeichnet ein sympathisch abgefucktes Bild einer Band, die sich selbst und eben auch die eigene Szene nicht zu ernst nimmt und ihr damit vielleicht sogar sowas wie einen völlig neuen Ansatz verleiht.
Oder eben doch nicht, wenn man sich die Wurzeln des Genres im Punk vor Augen führt. Denn TEUFELNACHT sind mit ihrer Antihaltung gegenüber der eigens verorteten Szene auch sowas wie die asozialen Rüpel, die den selbsternannten Szene-Wächtern mit feistem Grinsen im Gesicht ins Bier pissen.

Da passen bewusst dissonante Momente wie im Wutbrocken „Sexorcism“ perfekt.
Der Kitt der verhindert, dass die Provokation in Lächerlichkeit abdriftet, sind nicht zuletzt die leichten Tendenzen gen Depressive-Black-Metal, die in der ein- oder anderen Ausprägung immer wieder auftauchen. Eine Nummer wie „Augen im Spiegel“ klingt nicht nur dank der Keyboards und dem Klargesang alles andere als freundlich und mit „Helmut Berger“ gibt’s eine Persiflage auf ein erfolgreich abgestürztes Leben, dessen offensichtlichste Parallele zur Band die Provokation ist.

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FAZIT: TEUFELNACHT wollen provozieren. Sie provozieren die eigene Szene und sie pöbeln in sämtliche Richtungen, die einen elitären Ansatz für sich beanspruchen. Damit ist „Ausnahmeverbrechen“ aber doch wieder sehr nah am ursprünglichen Geist des Black Metal, der ja auch eine provokante Reaktion auf die damaligen metallischen Auswüchse war. Dass die Musik darüber hinaus sehr dreckig, mitunter bewusst asozial und gehässig, daherkommt, wirkt tatsächlich wie eine Art Rückführung der einst punkigen Energie, die dem Black Metal über die Zeit vielleicht ein Stück weit verloren gegangen ist. Inwieweit das Album noch wächst, bleibt abzuwarten. Potenzial für den ein- oder anderen „Aha-Moment“ ist auf jeden Fall vorhanden. Stark!

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2022

Tracklist

  1. Creation Through Destruction
  2. Black Metal ist tot
  3. Blutorgel
  4. Do You Wanna Touch Me (Garry Glitter Cover)
  5. Das göttliche Geist
  6. Harem Keeper Of The Oil Sheiks
  7. Im Zwielicht der Finsternis
  8. Sexorcisme
  9. Augen im Spiegel
  10. Helmut Berger

Besetzung

  • Bass

    Graf Leichstein

  • Gesang

    Kroil

  • Gitarre

    raf Leichstein, Nokturnal Povverlord

  • Keys

    Graf Leichstein

  • Schlagzeug

    Graf Leichstein

  • Sonstiges

    A lost forgotten ukranian spirit (Cello)

Sonstiges

  • Label

    Crawling Chaos

  • Spieldauer

    38:19

  • Erscheinungsdatum

    14.10.2022

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