Auf ihrem ersten Studioalbum seit fünf Jahren zeigen sich THE AFGHAN WHIGS rockiger denn je, was aber nicht bedeutet, dass die neunte Studioproduktion der Alt-Rock-Helden in irgendeiner Weise einseitig wäre… im Gegenteil.
Die eröffnende Vorab-Single ´I'll Make You See God´ ist ein Space-Rocker reinsten Wassers mit hypnotischem Puls und verhuschtem Gesang, der von Wehmut zeugt, doch die Band zeigt hier und auch im weiteren Verlauf der Scheibe kräftige Muskeln, wobei Bassist John Curley mit seinen agilen Läufen auffällt. Nach einer aufreizenden Steigerung fährt ´The Getaway´ ein psychedelisch-poppiges Kontrastprogramm mit Beatles-Klavier, Streichern und entsprechendem Harmoniegesang auf; ´Domino And Jimmy´ (mit Macy Mays) wird später genauso wie das finale ´In Flames´ noch zarter, aber auf der strukturellen Ebene ähnlich gelagert sein.
´Catch A Colt´ (mit Susan Marshall, schon die auf „1965“ sang,) ist im Anschluss ein synthetisch pulsierender Leisetreter, in dessen vielschichtigem Arrangement sich die Detailverliebtheit der Band und ihre atemberaubend differenzierte Produktion vollends entfalten. Die Nummer läutet das atmosphärische und ruhigere mittlere Drittel von "How Do You Burn?" ein, das mit dem monotonen ´Jyja´ (mit Van Hunt, der ebenfalls schon früher mit der Band kollaborierte und auch in ´Take Me There´ mitsingt) und dem Shoegazer ´Please, Baby, Please´ zwei stetig wachsende Sleeper-Tracks in sich birgt.
Bei ´A Line of Shots´ geht dann wieder verhalten die Sonne auf, und dem besagten ´Take Me There´ - das einzige Lied auf dem Album, in dem die vielzitierten Hip-Hop-Einflüsse der WHIGS zumindest im Ansatz zum Tragen kommen - lädt richtiggehend zum Stolpertanz ein. Die zarte (Halb-)Akustikballade ´Concealer´ wurde klug an der vorletzten Stelle platziert - als retardierendes Moment einer in puncto Dramatik gewieft in Szene gesetzten Edel-Indie-Platte, wie sie heute kaum mehr jemand auffährt.
FAZIT: Nach drei Jahrzehnten gelingt THE AFGHAN WHIGS ein mehrheitsfähiges Album, das seine Vorgänger seit der Reunion im Jahr 2012 - Do to the Beast" (2014) und "In Spades" (2017) - aussticht, wenn es um anspruchsvolle wie eingängige Kompositionen in einem Spannungsfeld aus schwerfälligem Hardrock, Psychedelic Rock und Pop aus den Sechzigern geht. Der Titel "How Do You Burn?" geht auf den mittlerweile verstorbenen Sänger Mark Lanegan zurück, der einst bei Mastermind Greg Dullis Projekten Twilight Singers und Gutter Twins mitwirkte. Seine Stimme ist noch in zwei Tracks im Background zu hören… <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/a18ea99245d747a5a402aa5b653e8356" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.09.2022
John Curley
Greg Dulli
Greg Dulli, Gitarrist, Christopher Thorn
Patrick Keeler
Rick Nelson (Streichinstrumente)
Royal Cream / BMG / Warner
39:41
09.09.2022