Wenn eine Band schon durch ihren Namen den leidenschaftlichen Retro-Charakter verrät, dann sollte man auch als Hörer dieser Leidenschaft frönen sowie gut und gerne lieber zu den großen schwarzen statt den kleinen silbernen Scheiben greifen. Denn dann hat man gewiss viel Freude an „Funhouse Mirror“, dem bereits fünften Album der dänischen Band VINYL FLOOR.
Auch auf „Funnhouse Mirror“ gibt es warmen, melodieverliebten und deutlich an die 60er- und 70er-Jahre erinnernde Sound, der sich zwischen den BEATLES und BYRDS bis hin zu den THEY MIGHT BE GIANTS und KINGS OF CONVENIENCE bewegt. Noch dazu kriechen aus allen Ecken und Enden die Ohrwürmchen und setzen sich ganz schnell – im Grunde schon nach dem ersten Hördurchgang – fest. Dabei klingen VINYL FLOOR so britisch, dass es kaum britischer geht. Aber, aber, aber… Dieses Herrenquartett kommt aus Dänemark. Da sollte den 'echten Brit-Poppern' echt angst und bange werden.
Allerdings beschränken sich die vier Jungs, die zudem immer wieder auf herrlichen Harmonie-Gesang setzen, nicht nur auf ihr eigenes Können, sondern fahren ganz groß zusätzliche Bläser und Streicher auf, die allerdings ihre Songs nicht in schmalzige Zuckerwatte kleiden, sondern diesen mitunter auch mal ein Bar-Jazz-Appeal („Dear Apollon“) oder eine gehörige Portion Soul verpassen.
Aber dass VINYL FLOOR auch rocken kann und sogar ein wenig ins Psychedelische abdriftet, beweisen sie mit „Pretty Predictable“, das sich deutlich THE PRETTY THINGS nähert. Vielleicht darum die Wortspielerei im Titel.
Im Grunde klingt tatsächlich kein Song wie der andere, aber jeder auf seine Weise gut.
Auch ist nicht etwa in den Texten 'Friede-Freude-Eierkuchen' angesagt und spätestens wenn das extrem bedrückende, an TOM WAITS erinnernde, „Death Of A Poet“ beginnt, in dem besagter Schriftsteller Selbstmord begeht, obwohl er gerade auf der absoluten Erfolgswelle schwimmt, lässt man bei weit offenen Ohren traurig den Kopf hängen und denkt an einen KURT COBAIN von NIRVANA oder IAN CURTIS von JOY DIVISION oder einen EDGAR ALLAN POE und an ERNEST HEMINGWAY.
So berühren einen die Songs auf „Funhouse Mirror“ gleich beim ersten Hören und dieses Gefühl setzt sich fort bis hin zur letzten Note und der letzten, so traurig erscheinenden, von klassischem Piano-Spiel begleiteten Zeile: „Someone stole the light“.
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FAZIT: Als sich 2007 in Kopenhagen die dänische Band VINYL FLOOR gründete, schienen sie offensichtlich mit dem Ziel angetreten zu sein, dem Brit Pop mit Danish Dynamite ordentlich Beine zu machen. Mit „Funhouse Mirror“ ist ihnen das vollends gelungen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.09.2022
Thomas Charlie Pedersen, Rasmus Bruun, Rob Stoner, Bebe Risenfors
Thomas Charlie Pedersen, Daniel Pedersen
Thomas Charlie Pedersen, Daniel Pedersen, Rasmus Bruun
Thomas Charlie Pedersen, Daniel Pedersen, Bebe Risenfors
Daniel Pedersen
Bebe Risenfors (Saxofone, Tuba, Trompete, Hörner, Flöte, Posaune, Glockenspiel), Christian Ellegaard (Violine, Bratsche, Cello)
Karmanian Records
41:10
16.09.2022