Okay, sie sind noch immer nicht auf den Space Rock gekommen, die progressiven Briten und Britinnen von VIRIDITAS, auch wenn sie nunmehr bereits zum zweiten Mal den Mars besuchen – dieses Mal den grünen, nachdem sie zuvor den roten musikalisch eroberten. Und für „Green Mars“ nehmen sie sich gleich zwei CD's und eine wirklich lange Spielzeit von über 157 Minuten Zeit. Zwar weckt das bereits die ersten Ängste, dass sich dieses Doppel-Album doch ziemlich in die Länge ziehen könnte, doch bereits nach dem fulminanten Start, können diese Befürchtungen locker beiseite gewischt werden, denn mit dem die erste CD eröffnenden Titeltrack nimmt das Album deutlich Tempo im besten SPOCK'S BEARD-Style auf – fast so, wie wir es von den Jungs schon lange nicht mehr selber gehört haben. Jedenfalls lässt „Beware Of Darkness“ grüßen, was natürlich bestens passt, wenn man, nachdem man den 'Roten Mars' besucht hatte, nun dem 'Grünen Mars' einen Besuch abstattet.
Überhaupt darf nach den gut zweieinhalb Stunden Spielzeit festgestellt werden, dass VIRIDITAS dem Bartträger Spock so nahe sind wie dem Gruß der Vulkanier auf der Enterprise.
Wie bereits der erste Teil der geplanten Trilogie basiert „Green Mars“ auf dem gleichnamigen Buch von KIM STANLEY ROBINSON. Ein Buch, in dem viele unterschiedliche Charaktere mitwirken, die der Handlung eine gehörige Spannung verleihen. Diese Spannung spürt man zugleich nur zu gut auch in der stark retro-progressiv ausgerichteten Musik, selbst wenn Mike Waters noch immer nicht der begnadete Sänger ist und beispielsweise einem NEAL MORSE, TED LEONARD oder NICK D'VIRGILIO nicht das Wasser reichen kann. Auch die Produktion ist noch nicht ganz das Maß aller Dinge, aber auf jeden Fall ist der zweite Mars-Besuch von VIRIDITAS ein echter Fortschritt gegenüber dem ersten. Das liegt natürlich auch daran, dass auf „Green Mars“ es jede Menge weitere musikalische Marsmännchen und Marsweibchen gibt, die mal ENCHANT oder SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR oder auch ECHOLYN und GALAHAD heißen. Auch jede Menge weltmusikalische Gebirge und so einige Jazz-Krater begegnen uns, wobei aus dieser Sicht besonders beeindruckend der 10-Minüter „Ecotage“ samt fettem Saxofon ist oder auch die Einleitung der zweiten CD mit „Nomads“ echt indianisches Flair verbreitet.
Das auf Kim Stanley Robinsons Buch basierende Konzept dreht sich um die Bekämpfung einer korrupten planetarischen Regierung, bei der aus der Perspektive von unterschiedlichen Charakteren, die alle auf ihre eigene Weise dabei eine Rolle spielen – vom Ausreißer Nirgal bis hin zum Wissenschaftler Sax Russel – sich der rote Widerstandsfaden durch das gesamte Konzept-Album spannt. In diesem Falle gibt’s also auch gleich noch eine rock-operige Prise der Marke AYREON mit dazu oder wenn in dem 13 Minuten langen „Small Boy In The Big City“ immer wieder der „Crimson Sky“ besungen wird, dann darf sich auch mal der progressive König dieser Farbe ein wenig ins Gespräch bringen – und zwar der der jazzigen sowie der „Moonchild“-Phase.
Insgesamt eine wirklich gewagte Musik-Geschichte die VIRIDITAS da angehen und die ihnen immer besser und geschlossener in ihrer Umsetzung gelingt, denn im Falle von „Green Mars“ wird man wirklich nicht müde bei dieser über zweieinhalbstündigen Mars-Eroberung.
Das macht natürlich auch neugierig auf die dritte Mars-Eroberung, deren Farbe uns bereits im Inneren des spartanischen Digipaks, das leider wieder ohne Booklet auskommt, mit den Worten: „See you on Blue Mars!“, verraten wird.
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FAZIT: Gegenüber ihrem Debüt „Red Mars“ haben sich die Brit-Progger VIRIDITAS deutlich gesteigert, auch wenn sie die utopische Geschichte von Kim Stanley Robinson auf „Green Mars“, sogar eine Doppel-CD, bei der beide Silberlinge zeitlich komplett ausgefüllt wurden, fortsetzen. Diesmal orientieren sie sich musikalisch aber deutlich an SPOCK'S BEARD, was ihrer Musik, die auf dem ersten Teil noch sehr zerfasert wirkte, und dem Konzept insgesamt wirklich gut tut.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.01.2022
Mike Bridge
Mike Waters, Julie Kværndrup, Hannah Bridge
Tom Williams, David Santon
Julie Kværndrup, Jez Davies
Jon Wills
Jez Davies (Saxophon)
Eigenpressung/Just For Kicks
157:10
31.12.2021