Wem das letzte WATAIN-Album "Trident Wolf Eclipse" (2018) zu einseitig war - eigentlich kaum vorstellbar angesichts der vielen nibelungentreuen Anhänger der Band -, der dürfte sich umso mehr für den Nachfolger begeistern. "The Agony & Ecstasy of Watain" zitiert einerseits das Frühwerk der Band, stellt andererseits ausladende und atmosphärische Kompositionen zur Debatte, wie man sie vor allem 2013 auf "The Wild Hund" hörte, und wartet mit ein paar "nur" im Detail steckenden Neuerungen auf.
Eingespielt wurde das aktuelle Material in einer umgebauten Kirche mitten in der schwedischen Pampa, wo WATAIN erstmals gemeinsam mit ihren Live-Helfern aus dem Umfeld ihrer Landsleute Degial aufgenommen haben. Wahrscheinlich ist es in diesem Zusammenhang Gitarrist Hampus Eriksson zu verdanken, dass das siebte Album der Black-Death-Metal-Provokateure die beseeltesten Leads und Solos in ihrer bisherigen Laufbahn enthält.
Das gilt bereits für den infernalischen Doppelschlag aus ´Ecstasies in Night Infinite´ und ´The Howling´, der bis auf wenige Drosselungen als Einstieg in die Materie scheinbar am Rande des Chaos vorbeischrammt, ehe sich WATAIN im getragenen ´Serimosa´ auf finsterste Stimmungsmache verlagern. Nach dem abwechselnd primitiv knüppelnden und gespenstisch doom-rockenden ´Black Cunt´ (vor allem auf US-Tour dürften die Band ihre helle Freude mit dem Titel haben) folgt mit ´Leper´s Grace´ falls nicht einer der fünf stärksten bisherigen Band-Tracks, so doch auf jeden Fall eine beispiellos unberechenbare Nummer.
Genau hier sieht man WATAINs Ausnahmestatus abseits aller Skandälchen und markigen Sprüche gerechtfertigt - und das siebeneinhalbminütige ´Before the Cataclysm´ ist einschließlich seines Intros ´Not Sun Nor Man Nor God´ ein mitreißendes Epos, bevor mit ´We Remain´ der gänsehäutig geniale Moment von "The Agony & Ecstasy of Watain" folgt: Farida Lemouchi (The Devil´s Blood, Molassess) begleitet Erik Danielsson in einem opulenten Schleicher mit Soundtrack-Qualitäten, der sich nahezu allen Vergleichen entzieht.
Dass ´Funeral Winter´ (nahe an den klassischen Vorgaben von Dissection) und das ebenfalls episch angelegte, aber etwas zu lange ´Septentrion´ anschließend abfallen, liegt in der Natur der Sache, doch…
FAZIT: …"The Agony & Ecstasy of Watain" zeigt WATAIN von ihrer besten Seite. Die Band begreift die Platte als definierendes Statement, was man zumindest auf alle Aspekte ihres Stils bezogen so stehenlassen kann, wohingegen man die bisweilen verschwurbelte Ideologie von Erik Danielsson und Co. getrost ignorieren und die Musik trotzdem geil finden darf. Ob´s denn im weiteren Feld des extremen Metal generell eine prägende Absichtserklärung mit Klassiker-Potenzial ist, wird erst die Zeit zeigen. <img src="http://vg08.met.vgwort.de/na/450c82ea5f57490d8f7a3904fe7d39e5" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2022
Erik Danielsson, Álvaro Lillo
Erik Danielsson, Álvaro Lillo
Pelle Forsberg, Hampus Eriksson
Håkan Jonsson, Emil Svensson
Nuclear Blast / Believe
49:43
29.04.2022