Welch schönen Begriff hat da doch die Promo-Abteilung für AJAY MATHUR gefunden – der tatsächlich absolut passend erscheint – wenn man ihn als den 'geschmeidigen Wandler zwischen Stilwelten' bezeichnet. Denn der Wandel – musikalisch wie thematisch – wohnt dem aktuellen Album mit dem großartigen, ebenfalls sich extremen Gegensätzen hingebenden (friedliche Möwe trifft am Strand auf lauernde Schlange), LP-Cover von Anfang bis Ende inne. Hier treffen vordergründig Folk und Americana sowie Blues auf hintergründig Funk, Rock, Pop und sogar Electronics sowie natürlich poetische, verträumte, aber auch Klage erhebende Texte, wie das 'welt'bewegende, elektronisch bedrohlich klingende „My World (SOS To The Universe)“: „Blind and deaf. Time is ticking on. Swallow pills to kill your fears. To make you brave. Time is ticking on. To hide your tears.“
„Blow My Cover“ wurde ein Album, das AJAY MATHUR selber als 'einen Akt der Selbsterhaltung' versteht und daher schon logischerweise zu Zeiten des Lockdowns entstand, wozu der Schweizer meint: „Ich habe jede Menge Vertrauen und Selbstbestätigung gewonnen; etwas, was sich auch auf meinem nächsten Studio-Album widerspiegeln wird. Ich liebe die unendlichen Perspektiven, die sich seit der Pandemie ergeben haben und die es mir möglich machen, mit jedem Musiker an jedem Ort der Welt zusammenzuarbeiten.“
Daher wagt sich der Musiker und Kosmopolit auch weit in für ihn bis dahin noch unerschlossene Musik-Welten, indem er Musikerkollegen und Freunde zum Mitmachen an „Blow My Cover“ inspirierte und die Vielfalt der unterschiedlichen Einflüsse auf diesem 'Möwe versus Klapperschlange'-Album verewigte. Mathurs Wunsch war hierbei nur, dass bereits von ihm vorhandene Songs durch seine musikalischen Partner neu interpretiert werden mussten. Dabei ist eine unglaubliche Wundertüte der unterschiedlichsten – am Ende insgesamt 13 – Songs herausgekommen, die schon nach dem ersten Hördurchgang viel Freude entfachen. Freude, die garantiert auch die Musiker beim Entstehen dieses zwei Jahre in Anspruch nehmenden Projekts hatten.
Ein weltumgreifendes Album mit weltumgreifenden Sounds, die sich tatsächlich zwischen Country, Jazz, Blues, Kammermusik, Folk, Pop, Electronics, Soul und sonstwas bewegen – die aber der Americana-Grundgedanke unweigerlich zusammenhält. So darf gerne auch der gute Jesus mit ins Spiel gebracht werden, denn genau wie der läuft AJAY MATHUR über das Wasser (der Musikstile), sodass der Song „Walking On The Water“ nicht fehlen darf.
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Es war ein echtes Wagnis. Schon die Idee, eigene Songs von fremden, allerdings von AJAY MATHUR heiß geliebten Musikern auf ihre Weise einspielen zu lassen und dabei im Grunde die 'Verwaltungshoheit' für jeden einzelnen Song auf einen anderen Künstler zu übertragen. Kein vorgegebener Stil, kein festgelegter Zeitrahmen – die komplette kreative Freiheit.
Doch wer so experimentierfreudig wie Mathur schon auf seinen 'eigenen' Alben agiert, bei denen einem solche Größen wie TOM PETTY oder JACKSON BROWNE in den Sinn kommen, der geht eben auch noch einen Schritt weiter. Dieser Schritt heißt nun „Blow My Cover“ und zeigt den Schweizer Kosmopolit von einer weiteren Seite. Und zwar seine Musik aus den Augen anderer Musiker betrachtet und verwirklicht.
Hierzu gewann er so etablierte Musiker wie das Schweizer Roots-Urgestein Richard Koechli sowie den Schweizer Jazz-Gitarristen Samuel Mösching, aber auch den Pianisten Michael Dolmetsch und Mathus Bandkollegen und Freund Christian Winiker. Weltübergreifend kommen außerdem noch mit dazu die japanische Koto-Spielerin Asuka und die New Yorker Cellistin Rachel Gawell bis hin zu seinem italienischen Bandkollegen Fausto Medici, dem erst 18-jährigen Schwyzerörgeli-Zauberer Marvin Näpflin und last not least die argentinischen Klassik-Harfenistin Mercedes Bralo.
Auf diese Weise entstanden insgesamt 13 Remakes aus allen Mathur-Schaffensphasen, die in den unterschiedlichsten Stilen dargeboten werden und trotzdem in sich geschlossen wirken, weil die Produktion und natürlich AJAY MATHURs Stimme den roten, sich konsequent durch das Album ziehenden Klang-Faden bilden, der zu keinem Moment reißt.
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FAZIT: Da hatte der Schweizer AJAY MATHUR – ausgelöst durch die Pandemie, die er selber als Kreativschub für neue Ideen empfand – eine doch recht eigentümliche Idee. Auch wenn er nach PETER GABRIELs „Scratch My Back“ nicht der erste in dieser Beziehung ist, so doch auf jeden Fall eine mutige Entscheidung. Auf „Blow My Cover“ ließ AJAY MATHUR insgesamt 13 Songs all seiner Schaffensphasen von anderen, ihm viel bedeutenden Musikern covern und beschränkte sich nur auf den Gesang. Was dabei herauskam, fasst er selber am besten zusammen: „Ich darf sagen, dass es am Ende kein einziges Remake gab, das mich nicht absolut begeistert hat! Im Grunde entstanden auf diese Art völlig eigenständige Neukompositionen, von denen einige nicht mehr viel mit der Originalversion zu tun haben, sondern ganz neue Songs darstellen.“ Dem gibt es nicht viel hinzuzufügen – ein wirklich gelungenes Album, das zudem noch durch ein sehr einfallsreiches Cover besticht und einen LP-Einleger enthält, auf dem der Schweizer Musiker detailliert auf jeden Song (inklusive der Texte) eingeht.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.12.2023
Ajay Mathur
Samuel Mösching, Richard Koechli, Christian Winiker
Michael Dolmetsch, Marvin Näpflin
Fausto Medici
Mercedes Bralo (Harfe), Asuka (Koto), Rachel Gawell (Cello)
Ajay Mathur Music
49:34
20.10.2023