Zu kämpfen hat vielerlei Qualitäten. Der Kampf mit sich selbst kann Motivation für Veränderungen sein, aber auch in Selbstzerstörung ausarten. Der Kampf mit seinem Umfeld, der Gesellschaft in der man lebt, kann Ausdruck von Unzufriedenheit, von Unsicherheit oder dem Gefühl des Vergessenwerdens sein. Und dann gibt es auch den Kampf gegen Krankheit, das Hadern mit einem unerwarteten Schicksal.
Im Fall von BEAR hat wohl eine Vermischung einiger dieser Umstände dazu geführt, dass „Vanta“ so vielseitig zermürbend einerseits und doch erstaunlich filigran und gefühlsbetont andererseits klingt.
In seinem Kern bündelt „Vanta“ einen unverwüstlichen Kämpfergeist, trifft damit einen Ursprungsgedanken des Hardcore-Genres auf den Kopf und will motivieren, sich allen Widrigkeiten des Lebens zu stellen. In der vertrackten Aggression finden sich aber auch zerbrechliche Momente. Egal ob mitten im systematischen Hackebeil-Schwinger „Defeatist“ plötzlich ein Saxofon für schräg-abstrakte Momente sorgt, oder ob „Repose Beyond Fate“ den Spagat zwischen mathematisch präzisem Schlagabtausch und bewusst unkontrollierter Emotionalität mit erstaunlicher Leichtigkeit vollzieht: BEAR präsentieren sich mit diesem Werk als kompromisslose Chaos-Köpfe, wissen aber um die kathartische Wirkung von Kunst generell, was Emotionen in sämtlichen Ausprägungen zulässt.
Dabei fühlt sich „Vanta“ in etwa so an, als würde einem ein Bulldozer durch den Kopf rauschen. Das Resultat ist pure Verwüstung. Wird dieses Bild aber von Außenstehenden betrachtet, hat es auch eine surreale Dimension, die obwohl auf maximale Zerstörung bedacht, doch eine zugleich verstörende, wie auch ungemein fesselnde Ebene beinhaltet. Damit machen es BEAR dem Hörer schwer, sich nicht mit der Musik zu befassen, genauso wie die Musik an sich schwer verdaulich und komplex klingt und die Magengrube einmal auf links dreht.
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FAZIT: Wer kopflastigen Wutorgien nix abgewinnen kann, wird es auch mit „Vanta“ nicht einfach haben, denn BEAR vermengen hier progressiv abgehackte Riffattacken mit Karate-Grooves und verstörenden Elementen wie Electronica und hörbar emotionalem Klargesang. In gewisser Weise sind BEAR die vertonte Überforderung. Denn nichts an ihnen wirkt berechenbar und doch fasziniert diese Musik durch eine tiefsitzende Emotionalität, die sich nach und nach, Song für Song, immer weiter freischält und letztendlich den Kern dieses Albums brachlegt. Genauso wie sie die Gefühlsschichten des Hörers auseinander nimmt und ihn dazu zwingt, sich mit sich selbst und seinen Facetten auseinanderzusetzen. Mit einem Wort: Kunst.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.11.2023
Dries Verhaert
Maarten Albrechts, Stefan De Graef
James Falck
Serch Carriere
Vincent Breys (Saxofon)
Pelagic Records
49:16
29.09.2023