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Benoby: In Das Blau

Stil: Liedermacher, HipHop, Balladen, Pop

Cover: Benoby: In Das Blau

Manchmal ist es eben im Zeitalter der Netz- und Stream- und Influencer- sowie Sonstwas-Digi-Zeiten ein Song, der sich rasend schnell bei einer geschickten Strategie verbreitet und viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, selbst wenn der Musiker hinter dem Song bis dahin noch völlig unbekannt war. So geschehen im Falle von BENOBY, der sich autodidaktisch diverse Instrumente beibrachte und noch dazu in Texten und Stimme so einige Ähnlichkeiten zu PHILIPP POISEL aufweist...

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...auch wenn er in seinem recht urbanen Sound deutlich weiter geht und neben den Pop- und Liedermacher-Elementen auch HipHop und Jazz sowie Klassik (besonders Streicher) in seine Musik mit einbezieht.

Jedenfalls gelang BENOBY oder genauer Robert Wroblewski – der Sohn polnischer Einwanderer – vor gut sechs Jahren mit einem Song der Durchbruch (der leider durch die kurz darauf folgende Pandemie nur kurz nachwirkte), weil dieser über Nacht 200.000-fach gestreamt worden war: „Mein Fünftes Element“.

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Mit „In das Blau“ legt BENOBY, der noch immer dem früh(er)en vorpandemischen Erfolgsrausch hinterherjagt und auch ein wenig von diesem profitiert, bereits sein drittes Album vor, wobei er lobenswerter Weise grundsätzlich auch weiterhin auf deutsche Texte setzt.
Wroblewski geht sogar so weit, dass er von sich selbst behauptet, dass ihm als 'Textfanatiker' die Texte wichtiger sind als Musik oder Stimme – das Album also aus 70% Singer/Songwriter und 30% HipHop besteht.
Allerdings vergisst er hierbei die überdeutlichen Pop-, Balladen- und Hymnen-Einflüsse zu erwähnen.

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Allerdings fragt man sich auch, warum der LP zwar eine bedruckte Innenhülle, aber kein Textblatt beiliegt, wenn doch gerade die Texte für BENOBY so wichtig sind.

Als erstes fällt jedenfalls die markant angeraute Stimme des Sängers auf, in der er emotional und manchmal etwas weinerlich wirkend seine Songs vorträgt, in denen beispielsweise auch die „Wolke 7“ nicht immer das hält, was sie in den Zeiten, in denen man anfangs noch lauter Schmetterlinge im Bauch hatte, versprach. Und irgendwo und irgendwann geht’s dann entweder watteweich Richtung Wolke Nummer 8 oder knallhart frontal in den Abgrund.
In den Wroblewski-Liedern ist mehr Abgrund als himmlisches Liebesgesäusel zu entdecken – was seiner Musik und dem Album von der Wirkung her sehr gut tut.

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Allerdings verliert auf die Dauer die BENOBY-Stimme etwas an Reiz, da diese – wenn sie nicht mit Hilfe technischer Mitteln mit Verfremdungen arbeitet, wie beispielsweise im Titelsong – zu wenig variabel ist und das wiedererkennbare Charisma, das sie anfangs verbreitete, etwas verfliegt.

Doch auch in der Beziehung gibt es auf „In Das Blau“ einen absoluten, schwer bewegenden, wiederum von der Thematik her traurig anmutenden Lichtblick, weil sich BENOBY auf „Hand“ eine wundervolle Duett-Partnerin ausgesucht hat: ALIN COEN.
Besser geht’s eigentlich nicht.

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Da wünscht man sich im Rahmen des Albums tatsächlich deutlich mehr Duette – aber „Hand“ bleibt leider das einzige.
Dafür aber gibt’s eine verdammt dornenreiche Rose im Angebot, die von der Idee her wohl bei Exupérys „Der Kleine Prinz“ entlehnt wurde.
Nur ganz so dornig wie es uns der Titel und der Text zu vermitteln versucht, klingt die Musik eben nicht, denn die hält sich fast durchgängig zwischen Hymnischem, Balladenhaftem, Poprhythmischen und dem fleißigen Einsatz von Streichern die Waage. Eine Waage, die zu selten auch mal – egal in welche Richtung – stärker ausschlägt.

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Größtenteils erwarten einen auf „In Das Blau“ eben doch Herz-Schmerz-Songs mit durchaus textlicher Tiefe, die nicht ins Banale oder Kitschige abrutschen und am Ende gibt’s dann als angenehmen Ausbrecher mit dem Titel-Song eine große Hip-Hop-Hymne der Marke FREUNDESKREIS bzw. MAX HERRE auf den heiligen Wert von Freundschaft und Familie, eine glatte Liebeserklärung der anderen Art, die sich nicht in Liebesbekundungen für eine Frau erschöpft, sondern in der Dankbarkeit an die Eltern und Geschwister, aber ganz besonders auch an Freunde und Fans, die an BENOBY glauben und ihm, selbst wenn er im Erfolgsrausch sich durchaus mal als rücksichtsloser Arsch präsentierte, trotzdem zur Seite stehen. Ein schönes Ende für ein Album, das sich manchmal etwas zu einseitig den ruhigeren, mitunter etwas weinerlich wirkenden Songs zu gescheiterten Beziehungen oder den Frust, wenn die Geliebte einen Anderen heiratet („Weißes Kleid“), oder eben doch die ganz große Liebe sich in Einsamkeit und Entfremdung erschöpft („Allein“), verliert.

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FAZIT: Auf seinem dritten Album „In Das Blau“ präsentiert sich der eigentlich vorrangig als deutschsprachiger HipHop-Musiker bekannte und beliebte BENOBY verstärkt als Liedermacher voller Pop-Appeal und mit ganz viel Herzschmerz, wobei er zwischen Hymnen und Balladen sowie sehr emotionalen Texten seine eigenen und die Gefühlswelten seiner Hörer auslotet. Unverkennbar seine markante, charismatische Stimme, welche manchmal ein wenig in schmerzvoller Weinerlichkeit ertrinkt und die ganz besonders gerade darum in dem Duett mit ALIN COEN zur vollen Geltung kommt, weil ihr hier eine weitere faszinierende (weibliche) Klangfarbe gegenübersteht.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.12.2023

Tracklist

  1. <b>Seite A</b> (18:26):
  2. Bessere Tage
  3. Wolke 7
  4. Rose
  5. Reise
  6. Hand
  7. Das Leben ist schön
  8. <b>Seite B</b> (19:50):
  9. Nicht normal
  10. Nacht
  11. Weißes Kleid
  12. Allein
  13. Bevor wir gehen
  14. In Das Blau

Besetzung

  • Bass

    Julius Trautvetter, Malte Kuhn

  • Gesang

    Robert Wroblewski, Alin Coen

  • Gitarre

    Malte Kuhn

  • Keys

    Malte Kuhn, Julius Trautvetter

  • Schlagzeug

    Mathias Blässe

  • Sonstiges

    Anton Roters (Streicher)

Sonstiges

  • Label

    Benoby

  • Spieldauer

    38:16

  • Erscheinungsdatum

    27.10.2023

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