Wer das Cover-Artwork betrachtet und mit ihm den pinken Neonschriftzug des Bandlogos sowie das handgezeichnete grotesk-komische Horrorszenario, bei dem eine Frau auf dem Rücksitz eines Fahrzeugs entsetzt feststellt, dass dieses von einem Untoten durch einen nebelverhangenen Friedhof gesteuert wird, ahnt schon, wo die Reise mit „Driven to Madness“ musikalisch hingeht: Es kündigt sich ein wilder, düsterer Achtziger-Trip an. Spätestens wenn aus den schaurigen Kirchenorgeln des Intros, die direkt aus Draculas Schloss in Transsylvanien zu stammen scheinen, derbe Synthwave-Beats werden („Hex“), kann man sich in Sachen Ästhetik und Klangbild den Vergleich mit CARPENTER BRUT nicht länger verkneifen. Umso mehr, als der namensgebende Horror-Regisseur im kurzen Eröffnungsstück „March of the Dead“ auch noch sein Stelldichein gibt. Aller Referenzen zum Trotz, das soll nicht bedeuten, dass DANCE WITH THE DEAD nicht eigene Duftmarken setzen können.
Da wäre z.B., dass das hochmusikalische, dauermelancholische und durchweg melodische Produkt des amerikanischen, 2013 gegründeten Duos immer wieder für Überraschungen sorgt. Während der Quasi-Opener „Firebird“ auf chorische Gesangseinlagen setzt, um zum Schluss den Bombast des ohnehin pompös inszenierten Refrains noch einmal zu steigern, ermuntern die variabel eingesetzten Elektronika, allen voran die 8bit-Tunes der Bridge, im kompositorisch abwechslungsreichen „Hex“ zu besonders genauem Hinhören. Dass DANCE WITH THE DEAD hingegen nicht nur mitreißende artifizielle Klänge erschaffen können, beweist die Nummer „Kiss of the Creature“. Deren prominentes Merkmal besteht in einem untergelegten Funk-Riff, das am deutlichsten in der Bridge zum Tragen kommt, während im Hintergrund der Beat wabert und die Lead-Gitarre ihr traurig-schönes Spiel beisteuert. Das in Kombination mit einem, wie immer ungesungenen, aber saustarken Chorus macht diese Nummer absolut hitverdächtig.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/JaDkQaClGps" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Daneben ragen mehr als einmal („Sledge“, „Wyrm of Doom“) toll gespielte Melodic-Rock-Soli positiv aus den Songs heraus. Im abschließenden „A New Fear“ wagt man sich sogar an kernige Hardrock-Grooves und ein bisschen Symphonic-Metal, natürlich nicht ohne dabei die bandeigenen Trademarks in angemessener Weise zu berücksichtigen. Da die Aufmerksamkeit, ob der oftmals gleichförmigen Melange aus wuchtigen Dark-Synth-Elementen und melodiösen Bombast-Refrains, im letzten Drittel der LP dezent nachlässt, kommt die gitarrenlose Techno-Liebeserklärung „Nebula“ zur Abwechslung gerade recht und lässt einen mit ihrer dichten, futuristischen Atmosphäre in so manchem Cyber-Punk-Traum schwelgen.
FAZIT: Dass DANCE WITH THE DEAD erst mit diesem und dem letzten Album – die Diskographie umfasst fünf relevante Einträge – aus dem Status der Labellosen herausgefunden haben, ist angesichts der kompositorischen Klasse und spieltechnischen Versiertheit des Duos mehr als unverständlich. Deshalb sollten aufgeschlossene Metal- und Rock-Hörer mit Vorliebe für erweiterte Dark-Synth-Klänge „Driven to Madness“ unbedingt eine Chance geben.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.08.2023
Tony Kim
Justin Pointer
John Terry (live)
Neuropa Records
39:05
10.01.2022