<img src="http://vg07.met.vgwort.de/na/149600c518da45409406f06c88e445c3" width="1" height="1" alt=""> Richtig neu ist abgesehen vom obligatorischen Remastering nichts an der vorliegenden Jubiläumsedition von DEVIN TOWNSENDs im Oktober 1998 erschienenem Soloalbum "Infinity". Heuer packt das Label Inside Out die schon seinerzeit mitgelieferten drei Bonustracks und die gesonderte "Christeen"-EP auf einer separaten CD dazu, komplettiert wird das Paket von einem geschmackvoll- wie sinnvoll aktualisierten Cover (der Künstler, immer noch körperlich und emotional nackt, aber älter und tatsächlich sichtbar gesünder) und Liner Notes.
Unabhängig davon gehört "Infinity" zu den wichtigsten Werken des kanadischen Ausnahmemusikers, erstens weil seine Entstehung mit einem Nervenzusammenbruch einherging, in dessen Folge man Devin eine bipolare affektive Störung diagnostizierte, zweitens ganz einfach aufgrund der zeitlosen Klasse des enthaltenen Materials. Die Krankheit bekam er auf längeren Umwegen in den Griff, einige der Tracks wird er bis heute nicht los, wenn es um Konzert-Setlists geht.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/6hCr8brn40Y?si=5EiCbloh3ge8tf8t" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Was damals in Townsends Kopf passiert, kann man beim Hören ungefähr erahnen, und Kritiker wie Fans (die er bis dahin vor allem durch das Extrem-Metal-Kommando Strapping Young Lad, weniger mit Steve Vai auf "Sex & Religion" oder seinem Ocean-Machine-Solodebüt) waren vielleicht verständlicherweise anfangs überfordert - siehe dazu auch die ursprüngliche Kritik auf unseren Seiten. Wirr im beste Sinne sind sie, diese Left-of-Field-Hits 'Christeen' und 'Bad Devil', die eingängigen Gesangscollage 'Truth' und 'War' oder das bombastische 'Soul Driven Cadillac', das man im Nachgang als Blaupause für "Terria" (2001) ansehen könnte.
Die Platte ist ein Himmel voller Chorstimmen und vor allem ein Patchwork, das aber letzten Endes (oder rückblickend) sehr stimmig wirkt und im Grunde an keiner Stelle anders sein dürfte. Townsend erging sich in einem Spuren-Exzess, der seinem emotionalen Chaos Ausdruck verleihen mochte, und herausgekommen sind einige mörderische Ohrwurm-Hooks, meistens in Form unsterblicher Melodien. Darüber hinaus ist "Infinity" mehr noch als sein Vorgänger "Biomech" vermutlich die erste "klassische" Devon-Produktion, was die Klangaura betrifft. Als Paradebeispiel dafür dient die vierteilige EP-Suite 'Processional'.
FAZIT: "Infinity" ist ein Devin-Townsend-Klassiker und klingt ein Vierteljahrhundert später frisch wie ehedem. Hier hat sich ein geistig überdrehtes Ausnahmetalent zwischen Pop, hartem Metal und allerlei Zwischenschattierungen ausgetobt, als sei es daran gegangen, den zeitgenössischen Musikbetrieb zu innovieren. Ob gewollt oder nicht, gelungen ist ihm das, und wer dieses Album nicht kennt (überhaupt den Großteil des Katalogs des Künstlers), kann schlicht nicht mitreden.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.11.2023
Devin Townsend, Christian Olde Wolbers
Devin Townsend, Erin Townsend, Lyn Townsend, Dave Townsend, Naomi, Tanya Evans, Lara Uthoff, Chris Valagao, Brad Jackson, Jennifer Lewis
Devin Townsend
Devin Townsend, Jamie Meyer
Gene Hoglan
Andy Codrington (Posaune)
Inside Out / Sony
85:38
24.11.2023