<b>„Das Album kam aus dem Bauch heraus und ist gefahren wie die Hölle, es war mein bestes Album.“</b> (FALCO kurz vor seinem Tod)
<b>„Schnittig, koksfiebrig und neonlichtkühl!“</b> (Rolling Stone)
Als der Österreicher Hans Hölzel sich im Jahr der orkanartig aufbäumenden Neuen Deutschen Welle in „Einzelhaft“ begab, war noch nicht absehbar, welch gigantischer und zugleich selbstzerstörerischer Ruhm und Erfolg ihn nur kurze Zeit später überschwemmen würde, wozu maßgeblich auch noch (s)ein „Kommissar“ beitragen sollte…
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/8-bgiiTxhzM" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Nun also – gut 40 Jahre später nach dem ersten FALCO-Album und ein Viertel-Jahrhundert nach dem Tod von Hanz Hölzel, der trotz seiner ständig zur Schau getragenen Coolness ein extrem sensibler, eigentlich sogar labiler Zeitgenosse war – ist es wieder an der Zeit, an „Einzelhaft“ mit einer luxuriösen Sonderausgabe zu erinnern, die neben der remasterten Version des Original-Albums auch FALCOs ersten Auftritt als Live-Band im Wiener Pop-Krone-Konzert am 1. November 1982 auf CD 1 und auf einer zweiten CD alle Mixe und Single-Versionen von Songs, die auf „Einzelhaft“ erscheinen, zu präsentieren.
So darf man zu den Studioversionen von „Helden von heute“, „Zuviel Hitze“, „Maschine brennt“, „Der Kommissar“, „Auf der Flucht“ und „Ganz Wien“, in dem FALCO die sich damals im totalen Aufschwung befindliche österreichische Drogen-Szene verspottete, auch live hören.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/qSPrJswS2GU" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Schnell landete der 'Drogen'-Song in Österreich auf dem Index – es war der erste von FALCO und sollte bei Weitem nicht der letzte bleiben – doch in der New-Wave-Szene wurde er sofort zum Kult-Hit und für Hans Hölzel der Weg zur musikalischen Kunstfigur mit riesigen Entertainer-Qualitäten namens FALCO.
Und um wohl die Index-Maschinerie zu umgehen, gab es dann gleich drei unterschiedliche Mixe von „Ganz Wien“, ausschließlich englisch gesungen und unter dem Titel „That Scene“ veröffentlicht, die alle auf der zweiten CD zu finden sind, neben drei Mixen von „Der Kommissar“ und „Auf der Flucht“ sowie zwei Mixen von „Maschine brennt“ und einer Extended Version von „Helden von heute“.
Fast überraschend – aber eben ideal für den gerade ausgebrochenen NDW-Boom (der ja im Hölzel-Falle ein NÖW-Boom ist) – kommt dann mit kriminalistischem Hit-Gespür „Der Kommissar“ daher und bläst alles nur Vorstellbare in noch größeren Dimensionen fort, beschert FALCO den ersten Nummer-1-Hit nicht nur im kleinen Österreich, sondern fast überall auf der Welt und macht seine Text-Mixturen aus Wienerisch, Hochdeutsch und Englisch zu einer eigenständigen Kunstsprache und seinem dauerhaften Markenzeichen. Und dass dieser Song dann maßgeblich mit zum Verkaufserfolg sowie zur 'Vergoldung' seines Debüt-Albums „Einzelhaft“ beitrug, ist schon unausweichlich, denn bis heute steht dieses musikalische Kunststück neben dem „Amadeus“ und der „Jeanny“ für den völlig berechtigten Kult um den wohl bekanntesten Österreicher, dem keine Provokation zu schade war, um diese nicht in irgendeinem seiner Songs gehörig rauszulassen.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/kJ6adOVn3GY" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Doch es ist nicht nur dieser eine NDW-Kracher, sondern alle anderen „Einzelhaft“-Songs sind ebenfalls kein Füllmaterial, sondern oft hochwertige und mit einer gehörigen Portion Zynismus versehene Hit-Nummern, die ihresgleichen suchen. Auch auf solch verrückte Ideen wie der lustig eingebaute und angesungene Pfiff in „Helden von heute“ muss man erst einmal kommen.
Doch hier beginnt zugleich FALCOs Größenwahn, der sich gerne selber als den 'Godfather des weißen Rap' bezeichnet und dieser selbst auferlegten Dimension nicht immer gerecht werden kann, was er dann in Alkohol zu ertränken oder mit Drogen zu vernebeln versucht. Dazu sagt FALCO selber: „Die Alkoholprobleme haben mit dem Erfolg, mit der Kohle begonnen. Wenn der Erfolg schneller wächst, als die Seele mitwachsen kann, hat man Probleme. Glauben Sie mir das!“
So gesehen war „Einzelhaft“ und der damit verbundene Erfolg auch der Anfang vom Ende eines Mannes, der zwei unterschiedliche Leben, als verschüchterter Hölzel und als arroganter FALCO, zu leben versuchte, die sich dann gegenseitig ins Gehege gerieten.
All das hört man „Einzelhaft“ (noch) nicht an – und darum wohl liebte auch FALCO sein Debüt immer am meisten, denn es lebte textlich von der typischen 'Wiener Schmäh', die vor nichts und niemandem haltmachte, und musikalisch von einem feinen Gespür für moderne Rhythmen, eingängige Pop-Ideen und so einigen rockigen Ausbrüchen, die FALCO mit seinem ureigenen, charismatischen Gesangsstil aus voller Kehle befeuerte.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/2QLD8oZlRLQ" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
FAZIT: Wer freut sich nicht, wenn's immer mal wieder von echten Kult-Alben eifrig erweiterte und remasterte Deluxe-Neuauflagen samt eines umfangreichen Booklets gibt? Wer jetzt mit „Ich!“ antwortet, wird demnach keine Freude an der Deluxe-Ausgabe von FALCOs Debüt-Album „Einzelhaft“ haben. Alle Sammler, Jäger und Fans aber, denen auch ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod noch immer dieser österreichische Ausnahmekünstler und 'Amadeus der Pop-Musik' am Herzen liegt, werden dankbar diese umfangreich erweiterte Ausgabe von „Einzelhaft (1982) – Deluxe Edition“ als Doppel-CD (mit 20-seitgem Booklet, in dem die Geschichte hinter dem Album sowie alle Texte nachzulesen und viele Fotos zu betrachten sind) oder 3-LP-Box oder streng limitierte Kassette nach Hause tragen, denn hier bekommen sie nun alle Mixe aus dieser Zeit auf einer Extra-CD und zusätzlich mit „Zuviel Hitze“ und „Maschine brennt“ gleich zwei 1982er-Live-Versionen geboten, welche FALCO danach mit seiner Band nie wieder in einem seiner Konzerte aufführte.
<center><iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/kJ_2DQu3VCM" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" allowfullscreen></iframe></center>
Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.02.2023
Falco
Peter Vieweger
Robert Ponger
Sony Music
131:50
27.01.2023