Die Schizophrenie der aktuellen Gesellschaft findet immer neue Auswüchse der Zerstörung. Identitätsverlust, die Frage ob Mann oder Frau oder irgendwas dazwischen, sollte im Grunde am gesellschaftlichen Diskurs vorbei gehen, denn die eigene Identität ist Privatsache und unterliegt in erster Linie einmal den Gesetzen der Natur. An der Entwicklung des aktuellen Zeitgeistes, der mit Frühsexualisierung, der Vorstellung sein Geschlecht und damit seine Identität nach gut Dünken wechseln zu können, im Grunde gelebte Persönlichkeitsspaltung ist, wird diese kollektive Sinnkrise einmal mehr deutlich.
Und wo der eigene Sinn infrage gestellt wird, sind übergriffige Instanzen nicht weit, wie Sänger Patrick Wagner treffend ausführt: „…Wir dachten, Orwell wollte uns mit dem Schreiben von 1984 warnen, aber es stellte sich heraus, dass die Gesellschaft es als Blaupause betrachtete.“ Damit legen GEWALT den Finger tief in die Wunden dieser Gesellschaft, bohren darin herum und fungieren in gewisser Weise als ihr Spiegel.
Diese Gesellschaft ist zerrüttet und viele, der in ihr lebenden Menschen sind innerlich zerbrochen. Daher kommt auch der Titel des zweiten Songs auf dieser 7-Inch nicht von ungefähr. Der Text von „Monika in Scherben“ wirkt wie die Dokumentation des Geisteszustandes einer Person, die vom Zwiespalt der Gesellschaft zerrieben wird. Sie versteht sich selbst nicht, die Welt will oder kann sie nicht verstehen und dadurch wird die Identität des lyrischen Ichs nach und nach obsolet.
Die depressive Stimmung der Musik brandet in repetitivem Shoegaze auf und ab, wirkt wie der Versuch, das emotionale weiße Rauschen irgendwie in Töne zu pressen und klingt damit sowohl aufreibend, als auch nach völliger Verzweiflung. „Ich bin allein…verderbt sollt ihr sein…“ schreit die Stimme in die Welt hinaus, ehe das Stück mit dem letzten metallischen Surren der Gitarrenseite verklingt.
So klingt der Zwiespalt der Moderne.
FAZIT: GEWALT thematisieren mit ihrer 7-Inch „Trans / Monika in Scherben“ das Gift und Galle-Potenzial der aktuellen Gesellschaftsver(w)irrungen. Dementsprechend klingt die Musik auch zerrissen und emotional aufgeladen. Gleichzeitig wohnt dem German Wut Wave (herrliche Stilbezeichnung) dieser Combo ein Fatalismus inne, der sich schon fast jenseits von Schmerz und damit in völliger Selbstaufgabe abstellt. Die Momente, in denen die Wut die Oberhand hat, lassen aber hoffen. Bergen sie doch das Potenzial für weitere interessante Musik.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.11.2023
Jasmin Rilke
Patrick Wagner
Helen Henfling, Patrick Wagner
DMI
Clouds Hill
9:29
10.11.2023