„L.A. Shit“ ist das zweite Solo-Album der in L.A. ansässigen Songwriterin GRACE JACKSON. Dass sie sich für dieses Projekt den neuen Künstlernamen GRACIEHORSE verpasste, hat einen ganz einfachen Grund, denn „L.A. Shit“ ist eine perfekt ausbalancierte Alt-Country-Angelegenheit geworden. Mit Hilfe jeder Menge befreundeter Musiker und ihres Gatten Jonny Kosmo erschuf GRACE JACKSON eine ziemlich makellose Sammlung von autobiographisch geprägten Empowerment-Songs, die ihr gespaltenes Verhältnis zu ihrer Wahlheimat Los Angeles zum Inhalt haben - was dann auch den in diesem Zusammenhang etwas eigenartigen Titel des Albums erklärt.
Musikalisch passt GRACIEHORSE ihre mit sicherem Auge für das entscheidende Detail geschilderten Geschichten in verschiedene Arten von Country- und Americana-Sounds ein: Der Opener „Hollow Head“ etwa – eine Geschichte über die Befreiung aus systembedingten Abhängigkeiten von männlichen Hohlköpfen – kommt als schluffiger Country-Rocker daher und später dann noch mal in einer akustischen Frontporch-Hillybilly-Folk-Version.
„By The Kight Of His White Stetson“ ist Honky-Tonk mit Bakersfield-Touch.
„What I'm Missing“ bietet Pedal-Steel getränktes Wüstenrock-Flair und „Northwind“ ist eine American-Cosmic-Music-Phantasie vom Feinsten. Das polternde, abschließende „Words Of The New West“ offeriert dann gar Morricone-Spaghetti-Western-Twang mit ironischer Note.
Überhaupt demonstrieren GRACIEHORSE auf dem ganzen Album, dass sie das Country-Thema mit einem gewissen Augenzwinkern – und nicht etwa als bierernstes Dogma – betrachten.
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Das ist alles sehr schön, authentisch und glaubwürdig inszeniert – allerdings ist GRACE JACKSON von Haus aus gar keine Country-Musikerin, sondern kommt ursprünglich aus der Indie-Rock-Szene der Ostküste, wo sie im damals heimatlichen Boston bis ca. 2016 Mitglied des Fuzz-Rock- und Powerpop-Trios FAT CREEP war. Der Grund, warum sie für dieses Projekt zur Country-Musik umschwenkte, liegt darin, dass sie während ihres Day-Jobs als reisende Krankenschwester im ländlichen Staat Wyoming die beruhigende und heilende Kraft dieser von ihr eh schon geschätzten Art von Musik für sich entdeckte. Indem sie dieses Setting dann verwendete, um sich ihren Frust über die schwierige Anfangszeit in L.A. von der Seele zu schreiben, erfüllte sie sich dann den insgeheim schon lange köchelnden Wunsch, sich in diesem Medium selbst auszudrücken.
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Gerade dieser Umstand ist es, der dieses Projekt glaubwürdiger macht als manche Produktion, die vielleicht aus Gründen des Marketings dem Country-Label untergeordnet wurde. GRACE JACKSON vermittelt hier den Eindruck einer Künstlerin, die dieses Album einfach machen musste. Und mehr kann man als Musikerin kaum erreichen.
FAZIT: Dass die 9 Songs, die GRACE JACKSON für ihr Projekt GRACIEHORSE zusammengetragen hat, musikalisch eine etwas rauere Gangart anschlagen und mehr stilistische Freiheiten bieten, als Country- oder Americana-Produktionen, die nach den klassischen Regeln und Formaten des Genres angelegt sind, hat einen einfachen Grund: Die Musiker, die Jackson bat, sie bei diesem Projekt zu unterstützen, kommen – wie sie selber auch – eher aus dem Rock- und Indie-Umfeld, hegen aber ebenfalls eine heimliche Liebe für das Country-Genre. Dieser Ansatz war indes dann für die amerikanische Songwriterin so erfüllend und lohnenswert, dass sie bereits dabei ist, neue Songs in dieser Richtung zu schreiben – auch wenn sie sagt, dass das nächste Album dann anders klingen soll als „L.A. Shit“ - denn wiederholen möchte sich GRACE JACKSON selbst im Country-Setting nicht.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.05.2023
Jon Kosmo, Aaron Olson
Grace Jackson
Grace Jackson, Miles Winter
Jon Kosmo, Miles Winter, Ben Varian
Tim Ramsey (Pedal Steel)
Wharf Cat Records
31:45
19.05.2023