„Ohne Wahnsinn gibt es keine Kunst!“ sinnierte einst Salvador Dalí und diese Feststellung scheint bis heute in vielen Auswüchsen des ernsthaften Ausdrucks Bestand zu haben. Auch HEXER zementieren diese Geisteshaltung in eindrucksvoller Form und vertonen auf ihrem nunmehr dritten Langeisen „Abyssal“ schwarze Räudigkeit mit einem ordentlichen Schuss Psychedelika.
Dabei ergehen sich HEXER in einer emotional-spirituellen Orgie, die den Verstand als metaphysisches Konstrukt bereist, zerpflückt und in Frage stellt. Da passt das düstere Klangbild der Songs perfekt, suggeriert es doch ebenjenen Zustand von Beklemmung und Anspannung, den diese Art von musikalischer Finsternis ausmachen sollte.
Ein wiederkehrendes und markiges Element von „Abyssal“ sind die vibrierenden Gitarren.
Hier gräbt nicht nur der Klang den Magen um, auch das unterschwellig mitschwingende Gefühl von innerer Aggression vermag den Geist wahlweise in Sphären weit außerhalb des weltlichen Spektrums zu befördern, oder eben doch den Dreck, das Hässliche eines weltlichen Daseins zutage zu fördern.
Allerdings tönen HEXER niemals lebensmüde, ganz im Gegenteil: Den Songs liegt eine drängende Energie zugrunde, die sich immer wieder eruptiv entlädt und in wahrlich monströsen Auswüchsen mündet. Als ein Beispiel könnte „Bathyskaph“ herhalten. Hier bäumt sich die Musik immer wieder auf, schafft dann doch Platz für meditativ mäandernde Bassläufe, ehe sich hysterisch-krankhafte Schreie den Weg in die Windungen des Hörerhirns bahnen.
Und dann sind da auch noch Momente wie in „Sea of Molten Spirits“. So klingt dynamischer Wahnsinn. Repetitiver Groove, dräuend-dronige Momente und dieses präsente Flirren in den Gitarren machen den Song zu einem extensiven Klangerlebnis, von dem ein jedes Finsterherz einige Zeit zehren kann.
Apropos extensiv: Was Schlagwerker Melvin auf diesem Album abliefert, ist ganz groß, weil stets auf Dynamik fokussiert, was für zusätzliche Lebendigkeit in den Songs sorgt.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Cover von Abyssal: Die allgegenwärtige, abstrakte Finsternis, welche die Musik auszeichnet wird geschmackvoll und passend eingefangen. Anfangs bleibt eine offensichtliche Verbindung von Ton und Bild aus, doch mit der Zeit ergibt sich eine Symbiose, welche beide Pole (wenn man so will) als bewusst eindringliches Werk voller emotionaler Schwärze und klanglichem Wahnsinn in Szene setzt.
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FAZIT: HEXERs Drittwerk ist ein atmosphärisch dichtes und tiefschürfendes Werk musikalischer Düsternis, das extremen Metal in die eine oder andere Richtung weiterdenkt, ohne dabei ein klangliches Novum zu sein. Damit ist „Abyssal“ aber auch ein sofort packendes Extrem-Metal-Album, mit dem die Band ihren Stil erneut ein Stück weit verfeinert hat.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.02.2023
Marvin Giehr, Melvin Cieslar, Kerem Yilmaz, Paula Eckelmann
Marvin Giehr
Melvin Cieslar
Crawling Chaos
39:35
17.02.2023