Die diffuse Wellen-/Bergformation, welche das Cover von „To Dream Is To Forget“ ziert, vermittelt einen ersten Eindruck davon wohin die Reise von HIDDEN ORCHESTRA geht. Zwischen verkünstelter Instrumentalmusik, elektronischen Sounds und akustischen Ausflügen erzeugt diese Musik interessantes Kopfkino voller Naturbilder.
Diese filmische Inszenierung wirkt vielfach wie durch einen Tunnel betrachtet, der mal eng und verschlungen scheint, bevor er wieder in breite, weitläufige Gefilde eintaucht und den Blick frei macht für genau die Schönheit, welche in den Dingen liegen kann.
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Dabei pulsiert die Musik in einem Auf und Ab, schwillt mal in pulsierender Elektronik an („Hammered“) und zieht sich an anderer Stelle in meditative Ruhe zurück.
Ein Stück wie „Nightfall“ spielt mit Fluchtgedanken, trägt den Hörer mit sanften Klaviermelodien und Vogelgezwitscher hin zu Ruhe und Harmonie, wohingegen eine Nummer wie „Ripple“ dank flackernden Verzerr-Sounds für eine gehetzte und beklemmende Stimmung sorgt. Das wirkt ein bisschen als würde der Hörer durch ein Labyrinth stolpern. Da ist Adrenalin und Hilflosigkeit, aber auch die Gewissheit, dass eine Auflösung in Sicht ist.
Diese Stimmung führt „Broken“ fort, wenngleich das Instrumentarium von Klarinette und anderen Blasinstrumenten eher in Richtung der genannten Auflösung drängt. Eine bedrückende Atmosphäre bleibt, aber es scheint, als würde das Auf und Ab des Stücks eher darauf abzielen, die kleinteiligen Emotionen wieder einzusammeln, anstatt sie auf dem Boden verstreut liegen zu lassen.
Und doch liegt in dieser Musik auch ein gewisser Drang nach Freiheit und Unzähmbarkeit. Da ist das Motiv des Ozeans als übergeordnetes Thema nicht schlecht gewählt, passt es doch einerseits gut zur unberechenbaren Musik und ist andererseits ein ebenso starkes Bild für den menschlichen Freiheits- und Unabhängigkeitsdrang.
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FAZIT: Dem Cover entsprechend ist „To Dream Is To Forget“ ein spannendes Auf und Ab der Gefühle. An der Inszenierung der Stücke gemessen, macht das HIDDEN ORCHESTRA auf diesem Album seinem Namen alle Ehre, denn ihre Musik klingt groß und in gewisser Weise opulent, lässt aber genauso Raum für Details und klangliche Intimität. Das ist vielleicht nicht „everybody’s cup of tea“, aber es ist sehr interessant verwirklicht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.11.2023
Joe Acheson
Joe Acheson
Tim Lane, Jamie Graham
Joe Acheson (Zither, Synthesizer, Hackbrett, Hapi Drum, Glockenspiel, Harfe, Cymbals, Fagott), Rebecca Knight (Cello), Jack McNeill (Klarinette, Bassklarinette), Tim Lane (Posaune, Schwirrholz), Poppy Ackroyd (Violine), George Gillespie (Fujara), Phil Cardwell (Trompete), Tomáš Dvořák (Klarinette), Yvo Ackroyd Acheson (Percussion), Su-a Lee (Cello), Ali Tocher (Soundeffekte)
Lone Figures
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22.09.2023