„Any Shape You Take“, das zweite Album der aus North Carolina stammenden Songwriterin INDIGO DE SOUZA, beeindruckte durch eine bemerkenswerte stilistische Bandbreite und das Ausloten emotionaler Extreme. Offensichtlich war Amerikanerin zu dieser Zeit noch auf der Suche nach einer künstlerischen (und vielleicht auch persönlichen) Identität. Beides scheint sie gefunden zu haben, denn ihr nun vorliegendes drittes Album „All Of This Will End“ strotzt geradezu vor Selbstbewusstsein und Empowerment-Flair, da der Pop-Faktor deutlich zurückgefahren und stattdessen abrasive Grunge-, Rock- und Powerpop-Elemente bedient werden, um die eigenen Geschichte(n) zu erzählen.
Offensichtlich bezieht sich der Titel des Albums nicht – wie vielleicht anzunehmen gewesen wäre – auf das Ende aller Zeiten im Angesicht der drohenden Apokalypse, sondern darauf, dass de Souza beschloss, sich nicht mehr als Opfer zu verstehen, sondern ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
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Die abschließende Power-Ballade „Younger & Dumber“ erzählt etwa aus ihrer Jugend und den Unsicherheiten, mit denen sie damals konfrontiert wurde und welche dazu führten, dass sie sich auf toxische Beziehungen einließ und nach der Wertschätzung ihrer Partner suchte um sich selbst bestätigen zu können, wie sie es in dem Song „Smog“ anschaulich schildert. Dies führte offensichtlich zu einem verminderten Selbstwertgefühl, wie sie es in solchen Songs wie „Not My Body“ schilderte – bis sie schließlich erkennt, dass sie zunächst sich selbst lieben muss, bevor sie sich mit anderen beschäftiget, was dann im Titeltrack erklärt wird, um im Song „You Can Be Mean“ allen anderen den moralischen (und musikalischen) Stinkefinger zeigen zu können, bevor sie dann in dem Track „Take Back“ ihr altes Ich hinter sich lässt, um optimistisch in die Zukunft schauen zu können.
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Interessanterweise erzählt die amerikanische Singer/Songwriterin ihre Geschichte in umgekehrter Reihenfolge, denn „Take Back“ ist der erste Song auf dem Album und „Younger & Dumber“ der letzte, was dazu führt, dass der Empowerment-Gedanke an erster Stelle steht und mit Nachdruck betont wird.
Die allumgreifende Botschaft hinter „All Of This Will End“ ist: INDIGO DE SOUZA hat ihre Mitte gefunden und alle anderen können das auch. Kurzum: Seitdem sie sich mit ihrem Durchbruch-Album „Any Shape You Take“ in die Riege der Indie-Rolemodel-Queens für junge Frauen eingereiht hat, bietet sie ihren Elevinnen mit Album Nummer drei bereits die Gebrauchsanweisungen und Lösungsansätze, die von vielen sicher auch erwartet werden.
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FAZIT: Noch auf ihrem letzten Album „Any Shape You Take“ schien es so, als sähe INDIGO DE SOUZA ihre musikalische Zukunft in der Pop-Musik. Während sie auf dem neuen Album „All Of This Will End“ sicherlich immer noch attraktive Hooklines, poppige Mitsing-Passagen und pulsierende Beats zu bieten hat, schien der narrative Charakter ihrer Lyrics und das neu gefundene Selbstbewusstsein jedoch geradezu nach einer solideren Basis zu schreien. So kam ihr die Rockmusik gerade recht. Ergo ließ de Souza ihrem Gitarristen DEXTER WEBB freie Bahn, was zu einigen recht konkreten, rauen Grunge- und Overdrive-Momenten führte, gegen die sie in Songs wie „Wasting Your Time“ oder „Always“ mit verzerrter Stimme geradezu anröhren muss. Ein musikalischer Nachdruck, der keinerlei Zweifel mehr zulässt und der Musik der amerikanischen Singer/Songwriterin eine bis dato ungewohnte Körperlichkeit verleiht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.04.2023
Charlie Boss, Zach Kardon
Indigo de Souza
Dexter Webb, Alex Farrar
Indigo de Souza, Alex Farrer, Dexter Webb
Avery Sullivan
Saddle Creek
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28.04.2023