"Diese Live-Show stellt unsere bisher progressivste und größte Produktion dar, die sich auf mein bisher ehrgeizigstes Studioalbum konzentriert", posaunt der nie um Superlative verlegene Bluesrock-Halbgott (mindestens) Joe Bonamassa im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seines zigsten Konzertmitschnitts… Und selbst seine strengsten Kritiker kommen nicht umhin, ihm anstandslos zuzustimmen, wenn sie "Tales Of Time" hören und ja, auch sehen.
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Der Titel deutet es bereits an - der Schwerpunkt dieses Livealbums liegt auf Bonamassas jüngstem, 2021 erschienenem Studiowerk "Time Clocks", mit dem er für sich selbst Maßstäbe in Sachen Heaviness und Dreck unter den Fingernägeln gesetzt hat. Der Mittvierziger und seine sagenhaft gut aufeinander eingespielten Mitmusiker ließen sich im im August 2022 im geschichtsträchtigen Red Rock Amphitheatre in der Wüste des US-Bundesstaats Colorado zu ausladenden Versionen der Stücke hinreißen, die allerdings nicht weiter von ziellosen, selbstverliebten Improvisationen oder James entfernt sein könnten.
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Und genau hier gewinnt man, wenn man kein Format von "Tales Of Time" mit der bloßen Tonspur kauft. Die Blu-ray fängt die malerische Kulisse auf beispiellose Weise ein, eben weil die Musik quasi als Soundtrack fungiert, und obendrein kann man den Protagonisten auf die Finger schauen. Davon abgesehen bietet das Video die vollständige Setlist in der Reihenfolge, in der die Stücke ursprünglich dargeboten wurden, wohingegen das Programm auf der CD/LP aus Platzgründen umgestellt beziehungsweise um mehrere Tracks gekürzt ist.
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Ansonsten gilt: meisterhafte Dramatik wie auf Platte, angefangen beim zehnminütigen Single-Epos ´Notches´ über das smooth dahinschreitende Orgel-Piano-Kunststück ´The Heart That Never Waits´, das dezent orientalisch stampfende und orchestral unterfütterte ´Curtain Call´, die mit Flöte verzierte Dämmerstunde ´The Loyal Kind´ und den pychedelischen Sleeper ´Mind's Eye´ hinweg bis zur Stop-and-Go-Nummer ´Questions And Answers´ mit Latin-Flair; mit R&B-Note kommen hingegen ´Known Unknowns´ und ´Just 'Cos You Can Don't Mean You Should´ daher, letzteres genauso wie das fette Finale ´Evil Mama´ von "Redemption" (2018). Bestechend bei alledem ist im Übrigen der wie schon auf "Time Clocks" selbst (höre das Titelstück!) wohltuend rohe Sound, der Vorwürfe gegen den "Saubermann-Blueser" ad absurdum führt.
FAZIT: Joe Bonamassa hat mal wieder alles richtig gemacht mit dem jüngsten "Nachwuchs" seine unzählbaren Livealbum-Familie. "Tales Of Time" präsentiert formvollendete Mitschnitte des Materials von Joes jüngstem Studioteller "Time Clocks" vor atemberaubender Naturkulisse, nichts mehr und nichts weniger. Fans schlagen ohnehin zu, egal wie viele Livealben sie vom Künstler haben, und wer diesen noch nicht kennt (gibt´s das?) kann sich hiermit über den aktuellen Status quo seines Schaffens informieren… und bestens mit State-of-the-Art-Bluesrock unterhalten lassen. <img src="http://vg05.met.vgwort.de/na/3424eae80aea4126b0e431412af61a7d" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.04.2023
Michael Rhodes
Joe Bonamassa
Joe Bonamassa
Reese Wynans
Anton Fig
Lee Thornburg (Trompete) Paulie Cerra (Saxofon)
Mascot / Rough Trade
74:29
14.04.2023