Doom Metal lebt ja auch von einer schicksalsträchtigen Schwere. Melancholie und harte Riffs sind hier gerne gleichberechtigte Partner. Die Tschechen LLYR haben dieses Jahr nach dreizehn Jahren Pause ihren Zweitling „Wings“ ausgebrütet, mit dem sie sich anschicken, die genannte Musikformel im Stile ihrer ersten Hochphase in den 1990er-Jahren zu zelebrieren.
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In Sachen Stimmung gelingt das sehr gut. Die Musik ist stets von einer latenten Schwere durchzogen, platziert sich letztendlich aber eher im Gothic-affinen Melodic Death Metal, anstatt haushohe SloMo-Riffs zu zelebrieren. Passend dazu setzt u.a. auch das Keyboard an einigen Stellen interessante Akzente, wobei LLYR wohl kaum allzu weit über den Rand ihres musikalischen Tellers hinausschauen.
Ab und an erinnern die Herren durchaus an Schwergewichte wie PARADISE LOST, reichern ihren Sound aber u.a. mit Industrial-Elementen an (u.a. in „Rebellion“), wodurch sich doch ein einigermaßen eigenständiger Sound ergibt. Alles in allem ist „Wings“ auch eine ordentliche Arbeit zwischen Schwermut, Death Metal und minimalem Kitsch-Faktor, ein Knackpunkt aber ist der Gesang.
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Da sind einerseits die heiseren Growls, die sich zwar gut in die Musik einfügen, aber auf Dauer doch etwas eintönig klingen bzw. kaum Wiedererkennungswert besitzen und andererseits verlangt der Klargesang doch nach einer gewissen Eingewöhnungsphase. Denn trotz vorhandenem Charakter kommt die Singstimme nie über einen gewissen Frequenzbereich hinaus, der seltsam drucklos klingt. Zwar ist die Stimmfarbe durchaus interessant, aber es bleibt doch der Eindruck, dass hier eine ganze Menge Energie verpufft.
Hin und wieder lassen sich zwar Anflüge des Potenzials dieser Stimme erkennen (u.a. in „Fall of Love“, in dem auch mal dramatisch geflüstert wird), aber unterm Strich klingt der Gesang doch noch zu eintönig, um wirklich aufhorchen zu lassen. Nichtsdestotrotz kann „Wings“ auf instrumentaler Seite durchaus überzeugen und präsentiert sich als melancholisches Stück Death Metal mit reichlich Hang zu Melodien und einer, über weite Strecken kitschfreien Gothic-Attitüde.
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FAZIT: LLYRs „Wings“ zeigt eine Band mit reichlich Potenzial. Musikalisch ist der Gothic/Death-Metal-Mix durchaus gelungen, wenngleich kaum innovativ. Der Knackpunkt ist der Gesang, der eine ganze Menge von dem möglichen Charakter der Musik ausbügelt. Zwar hat die stimmliche Gleichförmigkeit irgendwo ihren Charme, aber damit wird auch einiges an Potenzial verschenkt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, denn das instrumentale und kompositorische Grundgerüst kann sich echt hören lassen.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.12.2023
Magick Disk Musick
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08.09.2023