LACODA ist das neue Pseudonym der Berliner Elektronik-Spezialistin Verena Wickel, das sich dieses für ihr Debüt-Album „Fear No Ghost“ ausgesucht hat, um sich von ihren bisherigen Abenteuern in der Club-Szene der Hauptstadt abzusetzen. Denn auf „Fear No Ghost“ geht es um etwas Anderes, als nur um Beats und Grooves. Für LACODA stehen im Rahmen dieses Solo-Projekts stets der Song und der Gesang im Vordergrund. Die rhythmischen Elemente, digitalen Effekte und produktionstechnischen Spielereien dienen lediglich dazu, die zugrundeliegenden Geschichten auf möglichst abwechslungsreiche Art und Weise musikalisch umzusetzen.
LACODA ist zwar keine Geschichtenerzählerin im klassischen Sinne, denn in ihren psychedelischen, englischsprachigen Lyrics spinnt sie fiebrige Träumereien über Trips in die neongetränkte Nacht, den Sturm, den Ozean, die Straße und das Universum als solches. Gespickt mit anschaulichen Allegorien und fast schon poetischen Metaphern entwickelt sie Szenarien mit selbstfinderischem Charakter, die oft wie Clips aus modernen Retro-Noir-Filmen anmuten, in denen Roadtrips mit schnellen Autos und geheimnisvolle Frauen die Hauptrollen spielen. Allerdings entstehen hierbei keine geradlinigen Geschichten, sondern mittels des Gesangs werden eher Emotionen und Bildern der Weg in Sachen „Liebe, Lust, Dekadenz und cinematischer Phantasien“ geebnet, wie es LACODA in ihrer aktuellen Bio betont.
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Worum genau es in den Songs geht, weiß vermutlich nur die Musikerin selbst. Das hat einen einfachen Grund: Bei diesem Projekt bildet der Gesang für sie die Basis. Um diesen herum konstruiert sie die Songs; sodass ihr der Klang und der Flow wichtiger sind als etwa der Sinnzusammenhang oder die Logik der Worte. Hierin liegt auch der Grund, weswegen sie Englisch singt. Auf Deutsch hätte das Gewicht der gewählten Worte die klanglichen Aspekte vermutlich überlagert, weswegen die Songs besonders offen für Interpretationen und frei von sprachlichen und inhaltlichen Klischees sind.
Hinzu kommt, dass die Songs musikalisch verschiedene Formate annehmen können. Der Opener „Stay Low“ etwa ist ein Artpop-Song mit Streicher-Samples, „Here Now“ eine zeitgemäße Disco-Hymne, der Titeltrack eine dräuend-schöne E-Pop-Ballade mit Westcoast-Flair, „Damsels In Distress“ New Wave-Pop in Reinkultur und der „Nineties Song“ ist ebendas, was der Titel verspricht: Eine Torch-Song-Elegie, wie ihn die CARS weiland auch nicht schöner hinbekommen hätten. In diesem Sinne geht „Fear No Ghost“ munter weiter mit (Kaputnik)-Blues-, Rock-, Indie-Pop-, R'n'B- und Artpop-Zitaten, die in Klangwolken mit schillerndem Dreampop-Flair eingebunden werden.
Klassische Club- und Techno-Elemente finden sich allerdings nicht. Weil LACODA den Gesang zum Dreh- und Angelpunkt ihrer Musik macht, kommt niemals jene technokratische Sterilität auf, die so oft bei Elektronik-Projekten zu beobachten ist.
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FAZIT: Zwar hat sich LACODA mit dem Produzentenduo Re.Decay (Manu Bender und Owen Ross, der bei einem Song als Duettpartner aushilft) zusammengetan, aber darauf verzichtet, sich ein Beraterteam zu suchen, das dieses Album marketingtechnisch etwa positionieren und finetunen hätte können. Daher kann sich LACODA mit einer Hingabe und Konsequenz zur Popmusik bekennen, die hierzulande eher ungewöhnlich ist. „Fear No Ghost“ bietet mehr gelungene Melodien, wagemutige Akkordfolgen, mitreißende Hooklines, griffige Refrains und hypnotische Grooves als manchen ihrer Kollegen in deren ganzer Karriere einfallen würden. Ohne Furcht vor großen musikalischen Gesten, vor Vergleichen und vor etwaigen Credibility-Einbußen wagt LACODA als Songwriterin und Sängerin einfach in Hinsicht Pop mehr als andere und überzeugt dabei auf hinreißende Art, was übrigens auch im internationalen Vergleich gilt, denn hinter ihren Vorbildern braucht sich LACODA weder songwriterisch noch gesanglich zu verstecken.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.07.2023
Lacoda aka Verena Wickel, Owen Ross
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28.07.2023