Der Schlagzeuger und zugleich Mastermind von THE ANCESTRY PROGRAM (Andy Lind), die gerade erst mit <a href="http://www.musikreviews.de/reviews/2023/The-Ancestry-Program-TAP/Of-Silent-Mammalia--Part-II/" target="_blank" rel="nofollow">„The Silent Mammalia – Part II“</a> ein schwer beeindruckendes, progressiv rockendes und sehr abwechslungsreiches Album vorlegten, begibt sich unter dem Namen LIND auf eine wilde progressive Reise zwischen Rock, (etwas) Metal, (viel) Prog und Jazz, wobei er jede Menge Gäste von allerhöchstem Rang und Namen in der Prog- und Jazz-Szene einlädt, die maßgeblich die stilistischen Einflüsse auf „A 3rd Ear Conversation – The Justification Of Reality // Part II" natürlich ebenfalls mitprägen und die sonst in Bands wie SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR, SUBSIGNAL, PANZERBALLETT, RPWL, STICK MEN und so weiter und so fort aktiv sind.
Andy LIND erweist sich hier zugleich als musikalischer Tausendsassa, der federführend Schlagzeug, Bass, Gitarren, Keyboards und Teile des Gesangs übernimmt sowie sich als fleißiger, tatsächlich großartiger Programmierer beweist, sodass der extrem komplexe und oft von ziemlich druckvoller Härte geprägte Sound knackig aus den den Boxen gedrückt wird und neben fettem Bass-Klang auch nie die kristallklaren Höhen vernachlässigt. Oder um es klar auszudrücken: So komplex wie es seine Gäste sind, klingt auch das Album von LIND.
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Gerne dürfen einem bei diesem Album, das mitunter ähnlich verrückt wie sein Titel klingt, auch KING CRIMSON („Redesign“) oder FRANK ZAPPA („A 3rd Ear Conversation“) in den Sinn kommen. Alles trägt avantgardistische Züge und setzt auf die pure Fusion jeder noch so seltsam anmutenden Idee, die in Noten gegossen und dann mitunter mit jeweils einem namhaften Gast verwirklicht wird – so wie beispielsweise auf „Lost Words“ ein MAREK ARNOLD zum Saxophon greift und diesmal durchaus beweist, dass ihm nicht nur die harmonische Bläserei liegt. LIND setzt jedenfalls auf alles, was eben mehr mit ZAPPA und abgefahrener Musik-Ideen-Vielfalt voller Experimentierleidenschaft zu tun hat. Genau das macht LIND und sein „A 3rd Ear Conversation – The Justification Of Reality // Part II“ zu einem ganz besonderen Album, welches die Freunde besagter Bands und progressiver Freischwimm-Stilistiken bevorzugen.
Entsprechende Begeisterung ist bei all dem Auf und Ab, Laut und Leise, aber auch frei Verspieltem und harmonisch Schwelgendem angesagt. Hier passiert nicht nur etwas, sondern eine echte Unmenge an überraschenden Wechselbädern, die allerdings immer gehörig zu sprudeln wissen, auch weil die Wasserträger aus unterschiedlichen Bereichen kommen – und mal extrem heiß, aber mitunter auch angenehm lauwarm ihre Klangmuster über einen ergießen. Und wenn dann der gute RPWL-Kalle-Wallner am Ende des Albums in „Trapped In Haze“ auch noch seine Gitarre für's große Album-Finale auspackt, nachdem gleich zum Albumstart der großartige SUBSIGNAL-Sänger Arno Menses und etwas später auch SYLVAN-Sänger Marco Glühmann sowie TAP-Bandkollege Ben Knabe und noch weitere Mikro-Experten ihre Stimme erheben, wobei es mit Caro Roth auch eine angenehme weibliche Vokal-Nuance zu vernehmen gibt, dann wird garantiert auch die gemäßigtere Prog-Rock-Fraktion (trotz kurzem Gegrowle) mit vielem auf „A 3rd Ear Conversation – The Justification Of Reality // Part II“ seinen Frieden schließen können.
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FAZIT: Da ist dem Schlagzeuger und singenden Multiinistrumentalisten von THE ANCESTRY PROGRAM (Andy Lind) unter dem Namen LIND ein weiteres kleines (oder gar großes), extrem komplexes und wild verspieltes, avantgardistisches Fusion-Meisterwerk mit „A 3rd Ear Conversation – The Justification Of Reality // Part II“ gelungen, das sich garantiert nicht beim ersten Hören – auch des komplexen, sich rund um den menschlichen Wahnsinn drehenden Themas wegen – erschließt. So ein Album braucht sich vor nichts und niemandem zu verstecken. Der Mann und seine Gäste machen sogar seiner TAP-Stammband deutlich Konkurrenz, wenn man beide 2023er-Alben miteinander vergleicht, wobei LIND noch stärker auf Härtegrade und ZAPPAeskes setzt. Selbst das Cover hat erwartungsmäßig viel von dem zu bieten, was einen bei diesem LIND zwischen Totenschädel-Brachial und Federleicht-Bewegt erwartet.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.12.2023
Andy Lind
Andy Lind, Arno Menses, Stefan Weyerer, Caro Roth, Ben Knabe, Sami Gayed, Marko Glühmann
Jan Zehrfeld, Kalle Wallner, Martin Vogelgsang, Maik Voglmeier, Wolfgang Zenk
Andy Lind, Gary Husband, Steve Hunt, Christian Doebke
Andy Lind
Marek Arnold (Saxophon), Andy Lind (Programmierung)
Progressive Promotion Records
75:30
02.12.2023