Heavy Metal mit leichtem Kautz-Faktor, aber mit thematischer Brisanz. LIVING THE FIREs „Newman“ dreht sich grob um ein Szenario, in dem sich der Mensch durch zunehmende Digitalisierung als lebendiges Individuum selbst abschafft und sich somit auch seine eigene Existenz abspricht. Führt man sich gewisse Tendenzen und Ideologien unserer aktuellen sog. zivilisierten und globalisierten Gesellschaft vor Augen, dann ist dieser Stoff weniger ferne Zukunftsmusik, als nahende Realität.
Ebenfalls Realität ist der Hunger dieser Dresdner Band, die sich dem klassischen Heavy Metal verschrieben hat und ihn mit reichlich Herzblut auslebt. Wobei sich in puncto Gesang eine gewisse Kauzigkeit aufdrängt. Denn neben reichlich Melodie finden sich auch immer wieder hochfrequente Schreie, die gerne mal ins hysterische abdriften.
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Nach einer gewissen Gewöhnungsphase passt diese Stimme aber gut zu den Songs, die sich nicht immer ganz einfach in eine Schublade stecken lassen. In puncto Melodiearbeit finden die Musiker Gefallen an klassischem Heavy Metal, an anderer Stelle schimmern aber auch thrashige Einflüsse an den Gitarren durch, ehe sich im nächsten Moment vielfältige Instrumentalabfahrten Bahn brechen, die mancher sicher als „progressiv“ bezeichnen würde.
Dass sie ein wenig Heavy-Metal-Pathos aber auch nicht scheuen, lassen LIVING THE FIRE u.a. in „Iron Deceiver“ anklingen. Instrumental ist die Chose zweifellos gut gemacht, mit der Zeit ist der Gesang aber doch hin und wieder gewöhnungsbedürftig. Wobei attestiert werden muss, dass Frontmann Clemens vom hochfrequenten Eierkneifer-Schrei, über dunkle Mitten, bis hin zu vereinzelten Growls eine ordentliche Spannbreite abdeckt. Am stärksten klingt der Mann in Songs wie „Dead and Evil“. Denn in Zusammenarbeit mit der melodischen Gitarrenarbeit im Refrain, passt seine Stimme hervorragend.
An manch anderem Moment, etwa allzu spitzen Schreien, oder seltsam übertriebenem Drama wie in „Conscious Machine“ werden sich wohl die Geister scheiden. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass der Mann nicht einen interessanten stimmlichen Charakter mitbringt und sein Handwerk beherrscht. Das lässt sich auch über seine Bandkollegen sagen, denn die lassen hier nix anbrennen und gehen mit hörbarer Passion zu Werke.
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FAZIT: LIVING THE FIREs „Newman“ mag inhaltlich einen nicht allzu farbenfrohen Touch haben, musikalisch aber klingt das Album doch recht ausgewogen, wenn auch ein wenig kauzig. Das ist einerseits charmant, erschwert aber andererseits den Zugang zur Musik. Ist dieser aber gelungen, dürften Freunde von scheuklappenfreiem Metal hier durchaus eine interessante Truppe erkennen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.11.2023
Martin Lauer
Clemens Paulich
Sebastian Schmidt
Phil Vogt
Eigenproduktion
41:11
20.11.2023