Manchmal verstecken sich Punks im Gewand einer alternativen Indie-Pop Band. Im Fall der Österreicher von NAKED CAMEO schlägt hier und da auch eine gewisse Nähe zur Grunge-Bewegung der 90er Jahre durch. Das liegt weniger an der Musik, als an der Attitüde der Band. Klar, musikalisch finden sich auch Einflüsse aus der Rockmusik ebenjener Zeit, wobei vieles an diesem Album ein wenig widersprüchlich wirkt.
Ein Song wie „Up Is Down“ strauchelt seinem Titel entsprechend zwischen einer schwer zu greifenden Stimmung und kernigem Gesang und entwickelt sich in „Shangri La“ hin zu einem lockeren Indie-Knarzer.
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Dabei legen NAKED CAMEO immer wieder viel Wert auf Refrains, die zünden. Das melancholische „Hard Feelings“ dreht diesbezüglich richtig auf. Einerseits treffen lockerer Groove und reduzierte, aber spannenden Melodien aufeinander und andererseits klingt der Gesang mit seiner kratzigen Klangfarbe immer ein klein wenig kaputt, tänzelt auf der emotionalen Rasierklinge zwischen Freude und Trauer und trifft damit einen Nerv.
Im Titeltrack oder auch der Wochenendhymne „Saturday“ gehen NAKED CAMEO dagegen ein Stück weit entspannter zu Werke. Hin und wieder scheint auch hier ein gewisser Verdruss durch die musikalische Blume, aber die Musik strahlt eine entspannte Grundhaltung aus, die entweder von Akzeptanz herrührt oder einer ‘Scheißegal-Einstellung‘ geschuldet ist.
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Im musikalischen Kontext gesehen, scheint ersteres wahrscheinlicher, denn warum sollte man mit einer Fuck-Off-Einstellung locker-flockige Wohnzimmer-Tanzmusik fabrizieren?
In „No One Knows Me“ wandeln die Musiker zwar wieder auf der Grenze zwischen gedanklicher Dunkelheit und dem Willen, daraus auszubrechen, aber wenigsten musikalisch findet der Song doch den Weg hin zu einer gewissen Akzeptanz, die in einem interessanten und zugleich schrägen aber eingängigen Musikstück endet.
„Up Is Down (Reprise)“ erschließt sich dagegen auch nach mehrmaligem Hören des Albums nicht, denn auch wenn das Knarzen gefällt, das Wiederkäuen des zuvor beschriebenen Songs wirkt unnötig. Aber egal, es schmerzt nicht und mit „Still So Low“ findet das Album letztendlich einen entspannten Abschluss, der mehr Wärme ausstrahlt, als es vielleicht beabsichtigt ist.
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FAZIT: „Trespassing By“ klingt letztendlich weniger zerstückelt, als es anfangs scheint und NAKED CAMEO präsentieren sich musikalisch als tendenziell melancholisch veranlagte Zeitgenossen mit einem Gespür für griffige Songs. Dabei lässt sich zu diesem Album wahlweise tanzen, aber auch weinen und gerade deshalb treffen die Songs immer wieder intensiv einen Nerv, denn egal oder banal ist hier wahrlich nichts.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.12.2023
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